Beiträge von Karl-Friedrich Weber aus seiner Facebook-Seite „Waldwahrheit“:
04. 03. 2019:
Das Nutzungskonzept der naturnahen Waldwirtschaft ist seit Anfang 1990 Leitlinie nahezu aller Bundesländer. Waldbaulich wird darunter unstrittig eine Dauerwaldbewirtschaftung verstanden, die nicht nur die wirtschaftlichste Nutzungsform darstellt, sondern auch Naturschutzziele bestmöglich integrieren und verwirklichen kann.
Da sich deutsche Wälder gegenwärtig in einem überwiegend naturfernen Zustand befinden, lassen sich insbesondere Nadelholzreinbestände nur langfristig in ungleichaltrige und kleinflächig strukturierte Dauerwälder umwandeln. Es liegt deshalb in der waldbaulichen Logik, dass die möglichen waldbaulichen Zwischenschritte so zeitig wie möglich erfolgen, vor allem durch Verlängerung der Verjüngungszeiträume von Buchen- und Eichenwäldern.
Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Der wieder beschleunigten Endnutzung älterer Wälder, oft weit vor ihrer höchsten Wertschöpfung, folgen gleichaltrige Verjüngungsstadien, die in neue Altersklassenwälder laufen und naturnahen Nutzungskonzepten entgegengesetzt sind.
Während die Niedersächsischen Landesforsten das einstmals vorbildhafte Regierungsprogramm LÖWE (Langfristige Ökologische Waldentwicklung) endgültig hinter sich lassen und inzwischen das Schlusslicht in Deutschland markieren, haben andere Forstbetriebe immerhin klare Bekenntnisse und konkrete Betriebsanweisungen zum Dauerwaldprozess herausgegeben.
So stellte der Landesforstpräsident Max Reger von ForstBW in seiner Anweisung vom 2.10.2013 fest:
„Da Schirmhiebe, Saumschläge, Kahlschläge und – flächenmäßig am bedeutendsten – Räumung über vorhandener Verjüngung dem angestrebten Ziel einer Buchenbewirtschaftung im Dauerwald entgegenlaufen, werden alle noch ausstehenden Nutzungsplanungen in Beständen mit vorstehenden Verjüngungsverfahren mit sofortiger Wirkung auf 30% reduziert, es sei denn, die bisherige Planung ist bereits geringer. Dieses Vorgehen führt rund zur Halbierung der bisherigen Nutzungsplanung. …“
Auch die Bundesforsten bekennen sich zu den Prinzipien der Dauerwaldbewirtschaftung, wie aus dem nachstehenden Schreiben Minister Siegmar Gabriels vom April 2007 hervorgeht.
In der Leitlinie Wald Sachsen-Anhalts von 2014 heißt es:
Der entscheidende Grundsatz ökogerechter Waldbewirtschaftung bleibt die Abkehr vom Prinzip des schlagweisen Hochwaldes. Stattdessen ist der Wald grundsätzlich im System des schlagfreien Hochwaldes zu bewirtschaften, der langfristig zum Dauerwald führt.
In Niedersachsen gilt für Schutzverordnungen, dass selbst in FFH-Lebensraumtypen ein alter Waldanteil über 100 Jahre von 20% der Fläche und einem Bestockungsgrad auf dieser 20%-Fläche von 30% noch als günstiger Erhaltungszustand (B) bewertet wird.
Diese groteske Erlassvorgabe, die Verschlechterungen zulässt und an die sich die verordnungsgebenden Naturschutzbehörden der Landkreise trotzdem entgegen ihrer einhelligen rechtlichen Bedenken strikt zu halten haben, legt offen, dass es den Akteuren in den verantwortlichen Ministerien (Forst und Umwelt) weder um forstwirtschaftliche, noch um europarechtliche Belange zu gehen scheint.
Es geht angesichts der ins Haus stehenden EU-Vertragsstrafen wohl nur noch um zügige Verordnungsbeschlüsse, ganz gleich, wie rechtswidrig sie sind. Um die betriebswirtschaftlich relevanten Schäden in den Wirtschaftswäldern des Landes und um rechtsstaatliches Handeln im Verfassungsstaat Deutschland geht es augenscheinlich ohnehin nicht mehr.
Und einmal mehr basiert die Hoffnung auf Korrektur nicht auf der Einsicht der Verantwortlichen, sondern auf den Entscheidungen der Gerichte.
Karl-Friedrich Weber
Ich hatte als Mitglied der Arbeitsgruppe zur „ökologischen Weiterentwicklung“ des LÖWE vergeblich gefordert, den Begriff Dauerwald als waldbauliches Entwicklungsziel klar zu benennen. Dem wurde nicht gefolgt. Auch eine klare Definition für Naturnähe wurde abgelehnt. Meine spätere schriftliche Frage an Herrn Prof. Dr. Ammer nach einer derartigen Definition blieb ergebnislos. Mein Antrag, eine anerkannte Definition von REIFF (2000) in LÖWE zu übernehmen, (zitiert in den Beiträgen aus der NW-FVA, Band 3, S. 163, 2008) wurde von deren Leiter und AG-Mitglied Prof. Dr. Spellmann mit dem Argument abgelehnt, man müsse auch noch wirtschaften können. Erkennbar im gesamten Prozess war eine durchgehende Strategie, Begriffe nicht zu präzisieren und mit klaren Definitionen zu belegen. Die Ergebnisse erfahren wir in den aktuellen Betriebsgeschehen.
03. 03. 2019 :
Waldbau-Exkursion vor 50 Jahren … so manche Waldbaugröße ist auf den Bildern zu erkennen … u.a. Kremser, Otto, Gleber, Alpers und Kleinschmit – es waren Charaktergestalten, die Wandel denken konnten, nicht nur aus nostalgisch verklärter Erinnerung … ihre Nachfolger im Geiste haben heute Seltenheitswert und stehen auf der grünen Liste bedrohter Individuen … das heutige Sagen haben Leichtgewichte …
Foto: Karl-Friedrich Weber
Wir haben keinen Anlass, vergangene Epochen zu verklären. Die von mir namentlich genannten Forstleute waren Wegbereiter einer neuen (im Grunde hundert Jahre alten) waldbaulichen Denkweise, die sich natürlich vom damaligen allgemeinen Fichten-Zeitgeist absetzten, …. . Das war auch für Führungskräfte nicht so ganz einfach. Sie setzten dazu ihre persönliche Reputation ein.
Hier der Link zu einer Stiftung, die dem Dauerwald-Gedanken folgt: