Norbert Panek

Auf dieser Seite sind Diskussionen zwischen Norbert Panek und verschiedenen Vertretern der Forst- und Holz-Seite gepostet

Bislang 2 Diskussionen


Diskussion 1 :

Hier eine sehr interessante Diskussion zwischen Norbert Panek und vier Mitgliedern der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt von 2015:

Es begann mit einem Artikel von Norbert Panek in der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftsplanung“ 4/2015 – „Alte Buchenwälder nehmen in Hessen drastisch ab

http://www.nul-online.de/Archiv/Archiv/Alte-Buchenwaelder-nehmen-in-Hessen-drastisch-ab,QUlEPTQ3MDA4NjQmTUlEPTgyMDMw.html?UID=89AD74CC92C6879B548EF5727735F6BA82A2B6766E0A3BF8

Zu diesem Artikel verfassten gleich 4 Mitglieder der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt  folgenden Leserbrief: „Gräben vertieft, wo Brücken gebaut werden müssen

http://www.nul-online.de/artikel.dll?AID=4782785

Leider wurde die Antwort von Norbert Panek auf diesen Leserbrief nur in sehr stark gekürzter Form abgedruckt, daher möchte ich interessierten Lesern die Möglichkeit geben, ihn hier vollständig zu lesen:


Zum Diskussionsbeitrag „Gräben vertieft, wo Brücken gebaut werden müssen“ von Peter Meyer, Hermann Spellmann, Ralf-Volker Nagel und Christoph Fischer, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, in Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (7), Seite 225 – 226.

Zunächst möchte ich feststellen, dass es nicht meine Absicht war und ist, wie von den o.g. Autoren unterstellt, „Gräben“ zu vertiefen und „Feindbilder“ aufzubauen. Den Vorwurf der „einseitigen“ oder gar „falschen“ Interpretation von BWI-Ergebnissen weise ich zurück. Bedauerlicherweise werden die Daten der aktuellen Bundeswaldinventur gerade von gewissen forst-affinen Institutionen und Lobbyverbänden gern benutzt, um den „guten Zustand“ des deutschen Waldes zu beschwören und damit weitere Naturschutzforderungen im Keim zu ersticken (vgl. hierzu auch Pressemitteilung Nr. 245 des BMEL vom 8.10.2014). Auch hier könnte man von „Einseitigkeit“ sprechen. Bislang fehlt eine detaillierte, waldökologisch begründete Interpretation der BWI-Daten und sie wird von offizieller Seite (wohl aus guten Gründen) auch nicht angestrebt. Aus der „einseitigen“ Sicht des Naturschutzes zeichnen (nicht nur) die Ergebnisse der BWI³ schlaglichtartig folgendes Gesamtbild vom deutschen Wald:

-Es gibt kaum noch alte Wälder (nur 3 % über 160 Jahre alt!).

-Es überwiegen nicht standortheimische Baumarten (Nadelhölzer).

-Die Forstwirtschaft entnimmt nahezu die komplette Holz-Biomasse (87 %, in Staatswäldern der Länder sogar bis zu 98 % des Holzzuwachses!).

-15 bis 20 Prozent der deutschen Waldfläche sind auf Rückegassen durch permanente Bodenverdichtung eliminiert. Diese Flächen werden damit nicht nur der Holzproduktion, sondern auch dem Naturschutz entzogen.

-Der Anteil nutzungsfreier Waldflächen mit dauerhaft gesicherter, natürlicher Entwicklung bewegt sich zurzeit weiterhin auf niedrigstem Niveau (1,9 %).

Obwohl wir Jahrzehnte lang über „integrierten Naturschutz“ sowie über so genannte „naturgemäße“ Waldbewirtschaftungskonzepte nicht nur reden, sondern Landesforstbetriebe (wie z. B. Hessen-Forst) vorgeben, sie auch umzusetzen, bleibt die Bilanz ernüchternd. Es wäre gut, wenn sich renommierte Institutionen wie die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) dieser Problematik stellen und die Sachverhalte nicht ständig schönreden würden.

Zu den von den NW-FVA angesprochenen Kritikpunkten nehme ich wie folgt Stellung:

1.Abnahme der hessischen Buchenwälder in den Altersklassen 101 bis 160 Jahre:

Die signifikante Abnahme der Buchenwaldflächen in den einzelnen Altersklassen wird von den o.g. Autoren damit begründet, dass die natürliche Alterung der Bäume automatisch eine Flächenverschiebung in die jeweils nächsthöhere Altersklasse zur Folge hat und dass „Buchenwaldnutzung und Zunahme an Altbäumen … offenbar gleichzeitig“ stattfinden würden. Dabei ist den o.g. Autoren anscheinend entgangen, dass in den Buchenbeständen verstärkt ab dem Alter 140 Jahre ein massiver, holzerntebedingter Abbau der Vorräte in der Hauptbaumschicht betrieben wird, was den normalen Nutzungsablauf in intensiv genutzten Wirtschaftswäldern wiederspiegelt. Wenn man von den Flächen und nicht von den tatsächlich vorhandenen Baumbeständen ausgeht, dann hat die Fläche der über 160-jährigen Buchen logischerweise zugenommen, in Hessen um ca. 11.060 Hektar. Bei Beständen dieser Altersklasse handelt es sich aber, umgangssprachlich ausgedrückt, um weitgehend „abgeerntete“ Buchenwälder mit einer weiträumig aufgelösten Baumschicht (Bestockungsgrade deutlich unter 0,8) sowie mit in der Regel großflächiger Naturverjüngung (siehe Bild 1). Die aus Naturschutzsicht erwünschten Altersphasen mit Habitatbäumen und erhöhten Totholzanteilen sind dort praktisch ausgeschlossen und die waldklimatischen Verhältnisse sind komplett gestört. Von den o.g. Autoren werden diese Fakten ausgeklammert und es wird argumentiert, dass laut BWI die durchschnittlichen Vorräte in den über 160-jährigen Buchenbeständen Hessens zwischen 2002 und 2012 sogar von 400 m³ auf 421 m³ je Hektar angestiegen seien. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass allerdings die Vorräte in der gleichen Erhebungsperiode im hessischen Staatswald von 399 auf 375 m³/ ha gesunken sind.

N Panek Hessen SackpfeifeFFH -3-

Komplett ignoriert wird jedoch, dass die Vorräte der Baumschicht in der genannten Altersklasse mit Altbäumen ab Brusthöhendurchmessern von 70 cm, gemessen am Gesamtvorrat, nur noch von untergeordneter Bedeutung sind (siehe Tabellen 1 + 2). Nach den vorliegenden BWI-Ergebnissen haben alte Bäume (BHD > 70 cm) in den Beständen Hessens ab Alter 140 Jahre nur einen Anteil zwischen etwa 10 und 20 Prozent des Gesamtvorrats dieser Altersklassen.

Tabelle 1: Anteil der Vorräte in der Baumartengruppe Buche nach Baumaltersklassen (>141 Jahre) und BHD-Stufen (>70 cm) im Hauptbestand

-Hessen – alle Eigentumsarten

Baumaltersklasse BHD-Stufe

>70 – 79,9 cm

 

>80 – 89,9 cm

 

>90 cm

Summe

>70 cm

% vom Gesamtvorrat*

der Altersklasse

141 – 160 Jahre 30 m³/ ha 7 m³/ ha 14 m³/ ha 51 m³/ ha 11,8
>160 Jahre 49 m³/ ha 13 m³/ ha 13 m³/ ha 75 m³/ ha 17,8

Quelle: Ergebnisdatenbank http://bwi.info/

*)Durchschnittsvorrat der Altersklasse 141-160 Jahre: 429 m³/ ha

Durchschnittsvorrat der Altersklasse >160 Jahre     : 421 m³/ ha

In den 141 bis 160-jährigen Buchenbeständen des hessischen Staatswaldes liegt der Vorratsanteil des Altbaumbestands sogar nur noch bei 6,4 Prozent (!), was die Annahme bestätigt, dass der Buchen-Altholzüberhang im Staatswald zurzeit massiv abgebaut wird (Tabelle 2). Die Befunde der BWI³ decken sich im Übrigen mit Untersuchungsergebnissen der Umweltorganisation Greenpeace, die 2013 in ausgewählten nordhessischen Buchenwäldern Vorratsmessungen durchgeführt hat. Die niedrigsten Messwerte in geräumten Beständen lagen bei 87 Vorratsfestmeter je Hektar (siehe Greenpeace-Pressemitteilung „Ausbeutung hessischer Wälder stoppen“- 03/2014). Dass die Flächen der über 160-jährigen Buchenwälder weitgehend nur noch aus ökologisch entwerteten Restvorräten der Baumschicht bestehen, wird also durch die BWI-Daten indirekt belegt.

Tabelle 2: Anteil der Vorräte in der Baumartengruppe Buche nach Baumaltersklassen (>141 Jahre) und BHD-Stufen (>70 cm) im Hauptbestand

-Hessen – Staatswald-Land

Baumaltersklasse BHD-Stufe

>70 – 79,9 cm

 

>80 – 89,9 cm

 

>90 cm

Summe

>70 cm

% vom Gesamtvorrat* der Altersklasse
141 – 160 Jahre 22 m³/ ha 3 m³/ ha 25 m³/ ha 6,4
>160 Jahre 46 m³/ ha 16 m³/ ha 9 m³/ ha 71 m³/ ha 18,9

Quelle: Ergebnisdatenbank http://bwi.info/

*)Durchschnittsvorrat der Altersklasse 141-160 Jahre: 387 m³/ ha

Durchschnittsvorrat der Altersklasse >160 Jahre     : 375 m³/ ha

2.Totholzvorräte in hessischen Wäldern:

Selbst wenn es sich beim Totholz in der Baumartengruppe „Laubbäume ohne Eiche“ (9,5 m³/ ha) nur um den anteiligen Beitrag am gesamten Totholzaufkommen (25,5 m³/ ha) handelt, bleibt die Grundaussage richtig, nämlich dass die Wälder Hessens, insbesondere die Laubwälder, an chronischem Totholzmangel leiden, Weit über die Hälfte des erhobenen Totholzes befindet sich in (nicht autochthonen) Nadelholzbeständen, was deutlich macht, dass gerade im Laubholz erheblicher Handlungsbedarf besteht. Dieser klare Befund sollte nicht durch statistische Spitzfindigkeiten verwässert werden. Mein Hinweis auf die Referenzwerte natürlicher Waldbestände (> 100 m³/ ha) soll nur die Entwicklungspotenziale aufzeigen. Selbst die in der Fachliteratur angegebenen Totholz-Schwellenwerte (30 – 40 m³/ ha), die für Wirtschaftswälder gelten sollen, werden im hessischen Wald (sowie auch auf Bundebene) massiv unterschritten.

Tabelle 3: Veränderung des Totholzvorrats (2002 – 2012) nach Totholztyp (liegend + stehend) und Totholz-Durchmesserklassen ab 20 cm, Baumartengruppe Totholz – Laubbäume ohne Eiche/ Eiche, Stückmassenklasse von 0,2 bis weniger als 0,5 m³,

Hessen – alle Eigentumsarten

Totholztyp Totholzdurchmesser

20 – 39 cm

 

40 – 59 cm

 

60 – 79 cm

 

>80 cm

Saldo
liegend -179.223 m³ +109.713 m³ +23.054 m³ -58.338 m³ -104.794 m³
stehend (Bruchstück ab Höhe 130 cm)  

-12.272 m ³

 

-15.851 m³

 

k.A.

 

k.A.

 

-28.123 m³

Quelle: Ergebnisdatenbank http://bwi.info/

Einen weiteren alarmierenden Mangel offenbart eine genauere Analyse des Totholzaufkommens: Nicht zuletzt durch statistische Tricks (Herabsetzung der Erhebungsschwelle auf Durchmesserklasse >10 cm) haben die Totholzvorräte generell zwar zugenommen, die Totholz-Qualitäten aber abgenommen! Vor allem beim Anteil stark dimensionierter Totholz-Segmente haben sich seit 2002 signifikante Veränderungen ergeben (Tabelle 3). Die aktuellen Anteile von ökologisch hochwertigem Totholz ab Stammdurchmessern von 60 cm liegen in Hessen nur bei etwa 2 bis 5 Prozent des gesamten Totholzvorrats (Tabellen 4 + 5), wobei es sich dabei überwiegend um Wurzelstöcke (abgesägte Baumstümpfe!) handelt. Starke stehende und liegende Stämme (= Qualitätszeiger für Naturnähe) sind am Gesamt-Totholzvorrat (25,5 m³/ ha) lediglich mit einer Menge von 0,1 bis 0,3 m³/ ha vertreten.

Tabelle 4: Totholzvorrat nach Totholztyp und BHD-Stufen (>60 cm), alle Baumartengruppen Totholz

-Hessen – alle Eigentumsarten

BHD-Stufe Totholztyp

-stehend

 

-liegend

 

Wurzelstöcke

Summe %-Anteil am Totholz-Gesamtvorrat*
>60 – 79 cm 0,3 m³/ ha 1,1 m³/ ha 1,4 m³/ ha 5,4
>80 cm 0,1 m³/ ha 0,8 m³/ ha 0,9 m³/ ha 3,5

Quelle: Ergebnisdatenbank http://bwi.info/

*)Holzvorrat-gesamt: 25,5 m³/ ha

Tabelle 5: Totholzvorrat nach Totholztyp und BHD-Stufen (>60 cm), Baumartengruppe Totholz – Laubbäume ohne Eiche

-Hessen – alle Eigentumsarten

BHD-Stufe Totholztyp

-stehend

 

-liegend

 

Wurzelstöcke

Summe %-Anteil am Totholz-Gesamtvorrat*
>60 – 79 cm 0,1 m³/ ha 0,4 m³/ ha 0,5 m³/ ha 2,0
>80 cm 0,1 m³/ ha 0,5 m³/ ha 0,6 m³/ ha 2,3

Quelle: Ergebnisdatenbank http://bwi.info/

*)Holzvorrat-gesamt: 25,5 m³/ ha

Diese BWI-gestützten Ergebnisse sind einer teilweise extrem intensiven Bewirtschaftung hessischer Wälder geschuldet. Die Forst- und Holzindustrie trägt mit ihrer ökonomisch erstarrten Haltung auf diese Weise leider selbst dazu bei, die zitierten „Gräben“ zu vertiefen.

 

Dipl.-Ing. Norbert Panek

Agenda zum Schutz deutscher Buchenwälder

An der Steinfurt 13, 34497 Korbach, E-Mail: norbertpanek@gmx.de

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Mehr Details und Analysen zum gegenwärtigen Zustand der deutschen Buchenwälder im Spiegel der BWI3 finden sich in Norbert Paneks inzwischen erschienenem Buch „Deutschland, deine Buchenwälder“:

http://franzjosefadrian.com/norbert-panek-deutschland-deine-buchenwaelder/


Hierzu ein Kurzkommentar von Karl-Friedrich Weber:

„Der Diskurs zwischen Vertretern der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und Norbert Panek beweist, wie diffizil sich die Interpretationen des statistischen Materials aus der Bundeswaldinventur 2012 (BWI3) erweist. Die statistischen Ergebnisse, wie sie Norbert Panek für Hessen aufzeigt, decken sich tendenziell mit den Ergebnissen anderer Bundesländer.“  [Facebook-Seite „Waldwahrheit“, 20.10.2015]



Diskussion 2 :

Hier eine sehr interessante Diskussion zwischen Norbert Panek und zwei Förstern des Steigerwalds zum Thema Nationalpark und Waldbewirtschaftung des Steigerwalds im Juni/Juli 2014. Sehr lesenswert ist auch die Analyse der Diskussionsbeiträge durch Franz-Josef Adrian, der die gesamte Diskussion auf seiner Internet-Seite gepostet hat:

http://franzjosefadrian.com/facher/nationalpark-steigerwald/streit-zwischen-steuer-panek-und-mergner/

Was ist der Hintergrund dieser Diskussion? Entsprechende Infos und Links findet man hier:

http://waldproblematik.de/steigerwald/



 

 

 

 

Ein "Lotse" durch den Info-Dschungel zur Wald-Problematik in Deutschland