Forst- und Holz

29. 08. 2018 :

Die Sache mit den Zahlen …

Zahlen haben uns bereits öfter beschäftigt. Sie sagen nichts aus, wenn wir sie nicht in Bezug auf etwas setzten, das zu einer sinnvollen Aussage führt und bewertet werden kann.

Zum Beispiel der Geschäftsbericht 2017 der Niedersächsischen Landesforsten:
Er beginnt auf Seite 40 der Sonderausgabe „Waldstücke“ – für die Öffentlichkeit und wohl insbesondere die Politik bestimmt.
Die Seiten davor dienen der Werbung in eigener Sache. Warum auch nicht.

Auf Seite 34 werden die Leistungen des Landeswaldes auf 100 x 100 Meter gleich einem Hektar dargestellt. 77.000 Menschen leben in Niedersachsen direkt oder indirekt vom Wald, heißt es da. Und die dazugehörige Zahl: 0,06 Arbeitsplätze pro Hektar. Gemeint ist der sogenannte Cluster Forst und Holz, also neben der Forstwirtschaft u.a. die holzverarbeitenden Betriebe wie Sägewerke, Holzhändler, Schreinereien bis hin zum Druckereigewerbe.

„Und dann die Erklärung: „Ein Hektar gibt damit 0,06 Menschen in Niedersachsen Lohn und Brot.“

Klingt doch gut. Weniger herzerwärmend würde klingen, dass das 2,52% der Niedersächsischen Arbeitsplätze sind und davon die anteiligen Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft 0,07% betragen, mit sinkender Tendenz. Der Anteil der Landesforsten hiervon bewegt sich an der Grenze zum atmosphärischen Rauschen.

Und dann gibt es da noch die sog. Bruttowertschöpfung, die den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert zu Herstellungspreisen inklusive Subventionen darstellt. Sie betrug in Niedersachsen 2017 insgesamt 259 518 Mio. EUR.
Die gesamte Land-, Forstwirtschaft und Fischerei hatte daran einen Anteil von 4 327 Mio. EUR = ca. 1,7%.
Der Anteil der Landesforsten betrug 2017 mit ca. 71 Mio EUR 1,6% an diesem 1,7%-Anteil an der Gesamtbruttowertschöpfung.

Was ist viel, was ist wenig? Ob das dazu reicht, von einem unverzichtbaren Anteil an Wirtschafts- und Arbeitskraft im ländlichen Raum zu sprechen, wie es unentwegt aus dem Cluster schallt und politisch verkauft wird, ist eine Frage der Bewertung, die jeder für sich vornehmen kann.

So ist das mit den Zahlen …

Karl-Friedrich Weber

07. 03. 2018 :

Viele qualifizierte Analysen werden vom Forstcluster und forstwissenschaftlichen Institution einfach nicht zur Kenntnis genommen und ignoriert. Vom Interesse an einem Diskurs, der weiter bringt, ist sehr wenig zu bemerken. Das Interesse besteht aber bei vielen Forstleuten, die nachdenklich geworden sind. Deshalb sollten die Analyseergebnisse des Ökoinstitutes Freiburg und Greenpeace weite Verbreitung finden und vielfach geteilt werden.

Karl-Friedrich Weber

Kommentar zur „Waldvision“ von Greenpeace
https://www.greenpeace.de/themen/waelder/leben-und-leben-lassen

05. 11. 2017 :

Jasmund ist (fast) überall.

Die letzten zehn Jahre deutscher Forst-Zeitgeschichte werden in der Rückwärtsbetrachtung durch Intensivnutzungen, Übernutzungen bis hin zu Plünderzügen in deutschen Staatswäldern gekennzeichnet sein.

Eine der Ursachen war und ist die Fehlinterpretation der zweiten und dritten Bundeswaldinventur, deren statistische Informationen in der Außendarstellung wie auch im Innenverhältnis als undifferenzierte Begründung diente.

Desinformierende und verschleiernde Nachhaltigkeitsfloskeln derjenigen, die diese Entwicklung in Forstwissenschaft und betrieblicher Praxis mit zu verantworten haben, werden bald vollends der Wirklichkeit weichen. Dann ist es üblicherweise angesagt, in Deckung zu gehen und darauf setzen, dass die Zeit vergessen macht.

Das ist im Wald aber nicht möglich. Die Prozesse in Wäldern sind von Langfristigkeit gekennzeichnet. Eingriffe geschehen abrupt, ihre langfristigen Folgewirkungen treten spät in Erscheinung und sind optisch selten erkennbar. Wer nach ihnen nicht sucht, findet auch nichts.
Deshalb ist es notwendig, dass immer mehr aufmerksame Bürger ihr Gefühl abschütteln, dass es ihnen an Kompetenz mangele, eine bewertende Meinung haben zu können. Ihre Intuition ist zutreffender als blind gewordene (oder gebliebene) Fachlichkeit.

Hoffnung besteht, wenn immer mehr Fachkundige die Bedeutung des Bürgerwissens erkennen und so gemeinsame und gleichgewichtige Handlungsfelder entstehen. Die Anzeichen mehren sich. Das Paradigma bröckelt.

Karl-Friedrich Weber

Fotos: Karl-Friedrich Weber
Extrem-Eingriffe in Buchenwäldern am Südharz, Thüringen

Südharz a 5-11-2017

Südharz b 5-11-2017

30. 05. 2017 :

Erst am 2. April 2017 schrieb er einen Brief an den neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Berlin, in dem er davor warnte, unsere Wälder aus Profitgier zu maschinengerechten „Holzäckern“ zu machen. Der Wald dürfe seine lebenswichtigen Funktionen für die Menschen nicht verlieren.

Wir haben zu viele Leisetreter und zu wenig Eitlers in den forstlichen Reihen.
Gotthard Eitler zeigt mit seinen 80 Jahren, dass es sich auch für die Forstgenerationen nach ihm lohnt, für den Wald zu streiten und ihn nicht dem forstlichen Mainstream zu überlassen.
Hut ab.

Karl-Friedrich Weber

… oder dessen Unerschrockenheit und Courage wird von denjenigen klammheimlich bewundert, die aus welchen Gründen auch immer schweigen … [Antwort auf einen Kommentar, dass er höchstens belächelt werden wird, ohne dass sich etwas ändern wird ]

http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/ex-stadtforster-gotthard-eitler-wird-80_570504

15. 04. 2016 :

Kommentar zum Beitrag „Schützen oder Nutzen“ aus der BR-Sendung „Quer“ vom 7.4.2016, in der zwei sehr schlimme Beispiele von Waldfrevel in Privatwäldern gezeigt werden, besonders schlimm ein Großkahlschlag im Buchenaltwald-Vogelschutzgebiet im Spessart in Besitz des Fürstenhauses Löwenstein.  Die Worte der Interviewpartner zum Thema, ob strengere Vorschriften und härtere Ahndung nötig sein könnte, sind hörenswert.

https://www.youtube.com/watch?v=1UxzUqQFEqQ

Realsatire

Der Lobbyist und Waldeigentümer Philipp Freiherr zu Guttenberg hat wieder einmal zugeschlagen. Wir wissen natürlich längst, dass er den beamteten Naturschutz und den Bayrischen Bund Naturschutz wie wohl alle Naturschutzverbände überhaupt nicht mag.
Konkret geht es um rechtswidrige Boden- und Waldzerstörungen im bayrischen Pähl und im Spessart, inzwischen bundesweit bekannt und diskutiert.

Aber hören wir selber rein:

„Viele unserer Eigentümer pflegen über Generationen ihre ökologischen Nischen, bestimmte Habitate etc..
Dann kommt der beamtete Naturschutz oder auch Verbände und fordern, diese Bereiche unter einen Totalschutz zu stellen, das heißt, dass auch die Bewirtschaftung nicht mehr erlaubt ist und ihre Eigentumsrechte werden beschnitten und das darf nicht sein.

Jawohl Freiherr zu Guttenberg, rechtswidrige Waldzerstörung durch Nutzung ist ein Eigentumsrecht, das durch Beamte und Naturschützer beschnitten wird und das darf in einem Verfassungsstaat doch nicht sein! Wo kommen wir denn da hin?

Guttenberg ist ein kluger Mann, sonst hätte man ihn nicht zum Sprecher der Waldeigentümer gemacht. Also kann es sich bei diesem dummdreisten Unsinn, den er in dem Fernsehbeitrag von sich gegeben hat, nur um eine Realsatire handeln.

Aber da gibt es am Lehrstuhl für Waldbau der TU München den Gelehrten Professor Reinhard Mosandl. Die Realsatire dieses beamteten Forstwissenschaftlers stellt die Causa Böhmermann – Recep Tayyip Erdogan dieser Tage in den Schatten:

Seine Aussage:

„Wenn ein Privatwaldbesitzer sieht, dass es jetzt so plötzlich seine Buchenwälder, die er eigentlich immer gehegt und gepflegt hat, dass die plötzlich unter Schutz gestellt wird oder bestimmte Auflagen bekommt, dann sagt so mancher, ja dann hack ich den vorher ab und pflanz Fichten oder Douglasien hin, dann ist zumindest mein Eigentumsrecht gewahrt.“

Bitte zweimal lesen und jedes dieser epochenmachenden Sätze eines Wissenschaftlers aus dem Cluster Forst und Holz verinnerlichen. Hier spricht kein adliger Eigentümer, sondern ein staatlich alimentierter Universitätsprofessor – nicht zu Boden- und Waldzerstörungen, sondern über die Trotzreaktion „Buche ab, Fichte oder Douglasie hin“ – damit es den beamteten Naturschützern und Verbänden mal ordentlich gezeigt wird, Urahnen und Urenkel hin oder her …

Satire darf alles, so heißt es, und auch Böhmermann ist noch zu toppen – zumindest in den bayrischen Wäldern.

Hut ab die Herren zu Guttenberg und Mosandl, Sie haben die besondere Gabe, unverstellt auszudrücken, was sich in so manchen Köpfen bewegt, sozusagen in bayrischen „ökologischen Nischen und bestimmten Habitaten“. Da wissen der deutsche Verfassungsstaat und seine Bürger wenigsten, woran sie sind.

Karl-Friedrich Weber


25. 01. 2015 :

Auf die Forstwirtschaft bezogener Kommentar, geschrieben anlässlich eines Zeitungsartikels über die Vorstellung des Untersuchungs-Dossiers „Die (Un-)heimliche Arten-Erosion“ über den von der Intensivlandwirtschaft verursachten Artenschwund, verfasst von Stephan Börnecke

Hier der Link zum Dossier über den Artenschwund durch Intensivlandwirtschaft:

http://www.martin-haeusling.eu/presse-medien/publikationen/1183-wir-sind-dann-mal-weg-die-un-heimliche-artenerosion-in-europas-agrarlandschaften.html

Hier der Zeitungsartikel:

http://www.fr-online.de/wirtschaft/artensterben-der-leise-tod-der-feldhasen,1472780,33507714.html?dmcid=sm_fb#

Hier der Kommentar von Herrn Karl-Friedrich Weber:

„Der Wolf ist zurück. Es gibt wieder Uhus in deutschen Wäldern. Seeadler brüten in stattlicher Zahl, Kraniche sind keine Seltenheit mehr, die Seehundbestände haben sich erholt. Offenbar kehren immer mehr Wildtierarten in Lebensräume zurück, die für sie lange verloren schienen. Doch dieser Eindruck trügt. Ungeachtet spektakulärer Einzelerfolge verschwinden Tier- und Pflanzenarten aus Deutschland in rasantem Tempo.“

Was der Journalist Stefan Sauer beschreibt, ist ein Phänomen, das gegenwärtig auch die PR der Forstwirtschaft prägt: Biodiversität und ihre scheinbar positive Entwicklung wird an optisch gut darstellbaren Tierarten festgemacht – der schleichende Verlust der tatsächlich relevanten Artengruppen in komplexen Waldökosystemen wird ausgeblendet.

Das fällt nicht besonders schwer. Was nicht oder nur selektiv bekannt ist, unterliegt kaum einer Diskussion und Bewertung und erreicht die öffentliche Aufmerksamkeit nur sporadisch. Während der Schwarzstorch in Wort und Bild markant mit forstlichem Naturschutz verknüpft werden kann, ist die Fachdiskussion um die Zerstörung der Diversität der Böden durch mechanische Verdichtung und Stoffeinträge weit weniger gut für eigene Zwecke bilanzierbar. Sie ist gegenüber einem schönen Foto abstrakt.
Wer redet schon über Pilze und andere Mikroben?

In den Wäldern Deutschlands sei nachweislich keine Tier- und Pflanzenart ausgestorben, so SCHULZE&AMMER unlängst. Selbst wenn sie es denn wüssten und es stimmte – was sagt diese These aus über den Zustand der Waldökosysteme auf ganzer Fläche? Nichts. Naturschutz desinform.

Das aktuelle FuE-Vorhaben „Naturschutz im öffentlichen Wald“ (WINKEL & SPELLMANN) ist ein Spiegel dieser Haltung. Sein methodischer Aufbau legt bereits im Vorfeld fest, wie das Ergebnis aussehen wird – eine Bestätigung der Richtigkeit des Paradigmas durch Innensicht.

Unter Ziel und Methoden der Teilprojekte heißt es unter 3.1 Teilprojekt II a: (Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt)
„Berücksichtigung naturschutzfachlicher Aspekte in den Waldbaukonzepten ausgewählter Landesforstbetriebe in Deutschland – Analyse der Entwicklung, Konkretisierung, Umsetzung und Kontrolle.“

Und unter 3.2 Teilprojekt II b: „Steuerung des Waldnaturschutzes auf der Organisationsebene – sozialwissenschaftliche Analyse“ (Forst- und Umweltpolitik, Uni Freiburg).
Gemeint ist eine vergleichende Untersuchung der aktuellen Konzepte zur Berücksichtigung naturschutzfachlicher Aspekte in Landeswäldern auf Ebene der Ministerien, Betriebsleitungen und Landesbehörden für Naturschutz.

Dabei sollen „in den ausgewählten Bundesländern“ jeweils 5 – 7 Interviews mit Verwaltungsexperten auf Ministerialebene, Betriebsleitungen (Forst) und Landesämtern für Naturschutz und ggf. Forschungsanstalten durchgeführt werden.

Damit alles auch in diesem Familienbetrieb wissenschaftlich verläuft, werden die Gespräche in „anonymisierter Form“ ausgewertet. Gewonnen werden sollen hierdurch „wissenschaftliche Daten“, die abschließend auf einem „internen workshop“ zwischen den Betrieben der Partnerländer und den Forschungspartnern diskutiert und zu einem gemeinsamen Bild geformt werden sollen.

na denn … wenn Forschungsgelder fließen, sei´s drum …

Karl-Friedrich Weber


27. 09. 2015 :

Kommentar von Karl-Friedrich Weber zum Brief von Lutz Fähser an die Bürgerinitiative „Waldkritik“ vom 22.08. 2015:

http://www.waldkritik.de/?p=1175#more-1175

Der international bekannte Forstmann und frühere Leiter des Stadtforstamtes Lübeck, Lutz Fähser, hat in einem Schreiben an die Initiative Waldkritik wesentliche Problempunkte der heutigen Auseinandersetzung um eine zukunftsfähige Waldstrategie prägnant zusammen gefasst – darunter auch ein Problem der Verbände BUND, NABU und Greenpeace, deren Waldpolitik stark von Forstfachleuten in deren eigenen Reihen geprägt wird. Sie können sich seiner Beurteilung nach nicht vollständig von den Wurzeln ihres Paradigmas lösen, in dem sie vom ersten Tag ihrer beruflichen Laufbahn eingebunden waren und sind.

Fähser liegt in seiner Beurteilung durchaus richtig. Die Rücksichtnahme auf den eigenen Berufstand und die lange Prägung machen es Forstleuten nicht einfach, eine unabhängige Sicht von außen zu entwickeln. Gelänge es ihnen nicht, wären sie jedoch kaum in der Lage, überhaupt eine konstruktiv kritische Position zu vertreten und sich damit oftmals Diffamierungen oder sogar Verunglimpfungen auszusetzen. So hat sich aus der Not heraus ein Netzwerk gebildet, das aus denjenigen besteht, die sich öffentlich exponieren und denen, die vor allem Informationen und Expertisen beibringen. Da ist inzwischen viel Substanz vorhanden. Auch Waldwahrheit arbeitet so.

Lutz Fähser erlebt die Aggressivität und manchmal auch Gehässigkeit des Clusters bis in das untereinander gut verlinkte forstliche Versuchswesen und die Forstwissenschaft hinein immer wieder an der eigenen Person – ohne dass es ihn noch sonderlich beeindrucken dürfte. Irgendwann ist man damit durch.

Dabei dürfte er sicher nicht verkennen, dass Forstleute in den Naturschutzverbänden in der Lage sind, die immer subtilere und scheinlogische Rhetorik der PR des Cluster Forst zu hinterfragen, was berufsfremden oft nicht oder nur sehr schwer möglich ist.

Vielleicht gilt auch hier wie so oft – auf die Mischung kommt es an. Die tatsächliche forstpolitische Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte zeigt jedenfalls, dass die anfangs heftig angegriffenen Positionen der Verbände irgendwann zu selbstverständlichen politischen Entscheidungen wurden, die längst zumindest per Leitlinien Eingang in den Dienstgang gefunden haben.

Langfristige ökologische Waldentwicklung in Deutschland ist durch externe Bewegungen in den 70er und 80er Jahren aus der Bevölkerung heraus entwickelt und durch charismatische forstliche Einzelpersonen in Führungspositionen meist gegen den Widerstand des Clusters in die notwendige Form geschmiedet worden. Die lauten Verkünder auf den Trittbrettern von heute hatten daran keinen Anteil.

Karl-Friedrich Weber


27. 09. 2015 :

[Kommentar zur Äußerung Ulrich Mergners, durch den Klimawandel würden im Steigerwald die Buchen absterben und dann, sofern kein Förster eingreifen darf, wohl nur noch Birken und Vogelbeeren wachsen]

http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Eichen-Klimaveraenderung;art769,8909349

Ich hatte im September mit zahlreichen weiteren Forstkollegen die Gelegenheit, zwei Tage lang Ulrich Mergners Thesen in Buchenwäldern zu diskutieren … sein „Untergangsszenario“, was er offenbar öffentlich vertritt, war kein Gegenstand des Diskurses inmitten praller Altersstufen, von der Naturverjüngung bis zu über 200jährigen Altbuchen. Es scheint keinen vitaleren Buchenwald zu geben, als den im Steigerwald. Man kann beliebig viel Hypothesen und Klimaszenarien produzieren, sollte aber wenigstens Indikatoren beibringen, die halbwegs überprüfbar sind. Es ist für ihn auch deshalb schwierig, diesen speziellen Diskurs zu führen, weil er durch das Politikum des aktuellen Geschehens um den Steigerwald und seiner öffentlich-rechtlichen Beamtenfunktion als Leiter des betroffenen Forstamtes Steigerwald in einem m.E. unauflösbaren Zwiespalt steht, was seine Aussagen offenbar beeinflusst. Man kann das als Dilemma oder auch als Tragik bezeichnen. Diese persönliche Situation ist niemandem zu wünschen.

Zu den Worten des Steigerwald-Försters Ulrich Mergner sehr passend ist folgender Kommentar von K-F Weber vom 21. 11. 2013 – das „Untergangsszenario“ ist, salopp ausgedrückt, inzwischen schon eine „alte Kamelle“:

„Durch den Klimawandel ist eine zusätzliche Bedrohung entstanden. Nach Einschätzung der Experten kann sich der Wald nicht mehr selbst regenerieren, die Veränderungen sind zu rasant“, so die Aussage.

Woher wissen „die Experten“ das?
Sie wissen es natürlich nicht, weil alle abgesicherten Beweise fehlen. Sie schätzen es ein – mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad?

Der Wald kann sich also nicht mehr selbst regenerieren. Ohne die Hilfe der Experten also keine Rettung des Waldes. Das ist die Linie. So setzt man sich in Szene. So wird man unentbehrlich.

Auch hier wieder keine einzige Aussage zu den Bodenverdichtungen als Folge heutiger Bringungstechnik auf einem Viertel bis Drittel der Waldbodenflächen – kein Satz zu den aufgerissenen Buchenaltbeständen durch Nutzungsintensivierung mit der Folge der Erhöhung von Temperatur und Verdunstungsraten. Der Klimawandel scheint zu einer Begründung zu werden, die weitere Fragen nicht mehr zulässt, weil mit ihm alles Begründet ist.

Dies war der Artikel, der Herrn Weber zu diesem Kommentar veranlasste: http://www.swr.de/landesschau-aktuell/waldzustandsbericht/-/id=396/vv=teaser-12/rid=12419764/nid=396/did=12418524/1f4gd8v/

Dies ist letztlich nichts Neues, sondern ein Wiederaufleben von Gedanken aus der Vergangenheit, wie sich bei der Lektüre des Buchs „Serrahn – Weltnaturerbe im Müritz-Nationalpark“ von Dr. Hans-Jürgen Spieß und Dr. Peter Wernicke (Natur & Text, 2013 ) zeigt

http://www.naturundtext.de/shop/landschaften/serrahn-weltnaturerbe-im-muritz-nationalpark.html

Darin steht nicht zuletzt der Satz, Vor 40 Jahren war es für große Teile der Fachwelt in Deutschland noch unvorstellbar, dass sich ein Wald selbst erhält, wenn man die Nutzung mit Axt und Säge einstellt. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass in Deutschland die gleichen Naturgesetze gelten, wie in den Schutzgebieten überall auf der Erde.
Doch der Klimawandel hat diese späte Erkenntnis anscheinend bereits wieder davongeweht…


26. 09. 2015 :

Kontinuität in Selbstgewissheiten

Die Niedersächsichen Landesforsten bleiben sich treu. In der Septemberausgabe der Betriebszeitschrift „Waldi“ wiederholt ihr Präsident Dr. Klaus Merker ungerührt, dass das „Modell“ der Niedersächsischen Landesforsten Nachahmer gefunden habe und durch Bayern sowie Mecklenburg-Vorpommern kopiert sei.

Welches Modell, darüber wird seit zehn Jahren vielfach nachgedacht, auch unter Forstleuten.

„Die ökologischen Fortschritte sind messbar und durch steigende Holzvorräte, eine zunehmende Vielfalt und steigende Naturnähe in den Wäldern gekennzeichnet“, so die Feststellung zum Jahresbericht 2014.

Auf einem so bezeichneten Fachsymposium am 2. Juli anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Landesbetriebs in Braunschweig gab es in der Podiumsdiskussion auch unterstützende Erleuchtung von außen.

Der Professor für Pflanzenökologie am Institut für Geobotanik der Universität Hannover und Präsident des Niedersächsichen Heimatbundes sowie erfolgreicher Buchautor, Professor Dr. Hansjörg Küster, wird in „Waldi“ zitiert:

„Die Forstverwaltungen und dabei ganz besonders die Niedersächsischen Landesforsten haben sich stark um Nachhaltigkeit verdient gemacht; in Niedersachsen wurde das Nachhaltigkeitsprinzip im LÖWE-Programm präzisiert. Nachhaltigkeit besteht nicht von Natur aus, sondern muss stets zwischen verschiedenen Interessen ausgehandelt werden.“

Wie bitte, lieber Herr Küster? Nachhaltigkeit besteht nicht von Natur aus? Hat also keine naturgesetzliche Grundlage?

Stellt der Forstmann einen ökologischen Fortschritt durch zunehmende Vielfalt fest (wie, bleibt einmal mehr sei Geheimnis), macht uns der Botaniker klar, dass Ressourcennachhaltigkeit als ein Kompromiss der Interessen zu verstehen sei. Die verbleibende Differenz darf man dann Ausbeutung nennen?

Wie können die Herren an die grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse herangeführt werden?

Da dürfte es dem Staatssekretär Horst Schörshusen als Vorsitzenden des NLF-Verwaltungsrates kaum gelingen, Selbstgerechtigkeit mit dem Hinweis zu durchbrechen, dass es wichtig für die Forstwirtschaft sei zu erkennen, wie sich die Gesellschaft die Wälder der Zukunft vorstelle und dieses der Diskussionsprozess sei.

Auch durch die Thesen Prof. Dr.-Ing. Michael Jischas in seinem Vortrag, wonach Betriebsblindheit die gefährlichste Berufskrankheit und die Technik zu relativieren sei, sind da nicht geeignet, die Zufriedenheit mit sich selbst in Frage zu stellen.

„Technik ist unser Schicksal“, so Jischa, „die Technik ist die Antwort, aber wie lautet eigentlich die Frage?“

Ob das jemand der Akteure nachdenklich machen könnte?

Karl-Friedrich Weber


24. 09. 2015 :

„Die Gesellschaftsjagd sei ein „traditionelles Ereignis“, das in Hessen schon „seit vielen Jahrzehnten“ vom Ministerpräsidenten ausgerichtet werde, sagte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne).“ – hört, hört …

Liebe Priska Hinz, dies ist keine gewöhnliche „traditionelle“ Gesellschaftsjagd, dies ist eine Staats- oder Präsidentenjagd, zu der diejenigen eingeladen werden, die man schmieren möchte. So war das immer und so wird es unter Grüns offenbar bleiben. Selbst Gerhard Schröder wollte seinerzeit als Ministerpräsident die sogenannten Präsidentenjagden im Saupark Springe abschaffen – wollte …

Heute laden „gemeinnützige Stiftungen“ landeseigener Forstbetriebe wie in Niedersachsen schon mal die Direktoren von Landessparkassen zur geselligen Jagd ein, die dann entsprechend einige Tausender aus ihrer Handkasse fallen lassen.

„Man sei (wegen der neuen Jagdverordnung) mit allen im Gespräch, sagte Hinz am Dienstag. So sind auch Vertreter von Politik, Verbänden, Jagdwesen und Naturschutz-Organisationen zur Gesellschaftsjagd eingeladen. Und bald auch Linken-Abgeordneter Schaus – dafür wolle sie sich nach dessen vielen Fragen nun persönlich einsetzen, versprach die Umweltministerin.“ – na also … alle jagen mit in diesem Schmierentheater – sofern sie nicht den Mumm haben, dieser Art von Vereinnahmungsversuchen zu widerstehen.

Karl-Friedrich Weber


20. 07. 2013 :

Sie befasse sich mit Waldforschung – so sieht sich die Bayrische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft. Sie beherrscht aber noch etwas anderes: Perfekte Kaffeesatzleserei und Bürgerverdummung
– z.B. in einer von ihr so bezeichneten Browser-Simulation, in der jeder gestandene Bayer sein Waldgebiet aussuchen, aus einer Handvoll Baumarten seine ureigene Aufforstung vornehmen und dann erfahren kann, wie sein Wald in 50 oder 100 Jahren den Klimawandel „überstanden“ hat.

Ja, „überstanden“ hat – nicht haben könnte, sondern hat.

Sie wissen das einfach, diese großartigen Wissenschaftler in Bayern.
Sie verkaufen ihre Kaffeesatzleserei deshalb auch als Stand der Wissenschaft – so plausibel und nachvollziehbar, dass sich jeder Bürger mit diesem Spielchen an der Wahrheitsfindung für seinen Wald beteiligen kann.

Wer in den nachstehenden Link geht und sich auf die Gestaltung des klimagerechten Waldes macht, hat zwei Möglichkeiten:

Entweder er ärgert sich über den Versuch, auch ihn so zu verdummen, weil die Simulationsgestalter ihn einfach für dumm halten oder er fasst das, was sich wahrscheinlich gut alimentierte Beamte an Verdummungsstrategien so ausdenken, einfach unter Realsatire zusammen.

Die Forstwissenschaft und das forstliche Versuchswesen dürfen sich nicht darüber beschweren, dass sie schon seit längerem kaum mehr ernst genommen werden.

Der Verlust an Reputation ist immer selbstverschuldet, denn Dummheit – und da bin ich wieder bei Albert Einstein – ist ebenso grenzenlos wie das Universum.

Karl-Friedrich Weber
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Angebot der LWF Bayern zur Kaffeesatz-Lesestunde

[Eine Browser-Simulation für eine Aufforstung eines Waldgebiets mit verschiedenen Baumarten, und dann könne man erkennen, wie gut die eigene Auswahl die nächsten 100 Jahre übersteht]


20. 07. 2013 :

Zum Thema Forstwissenschaft in Bayern (und möglicherweise auch anderswo) fällt mir ein, was der Physiker Richard P. Feynman seinen Studenten über Wissenschaft, Expertentum und Versuchswesen auf den Weg gegeben hat (Auszug aus einer Vorlesung):
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Vom Wert der Wissenschaft

R. Feynman, Physiknobelpreisträger (Quantenelektrodynamik) 2001
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„Eine Eigenschaft der Naturwissenschaft ist: Sie macht einem den Wert rationalen Denkens wie auch die Bedeutung der Gedankenfreiheit klar; die positiven Ergebnisse sind eine Folge des Zweifelns, ob alles, was gelehrt wird, auch wirklich stimmt.

Es gibt viele Untersuchungen, in denen die Leute Beobachtungen anstellen, Listen und Statistiken anfertigen, doch das macht diese Studien noch lange nicht zu Wissenschaft, zu allgemein anerkanntem und verbindlichem Wissen.

Sie stellen lediglich eine Nachäffung von Wissenschaft dar. … Das Ergebnis solch wissenschaftlicher Nachahmung sind die Experten –und viele von Ihnen sind genau das: Experten.

Lernen sie von der Wissenschaft, dass Sie den Experten misstrauen müssen.

Naturwissenschaft ist der Glaube an die Unwissenheit der Experten.

Wenn jemand sagt, die Wissenschaft lehre dies oder jenes, dann verwendet er das Wort nicht korrekt. ´
Nicht die Wissenschaft, sondern die Erfahrung lehrt uns etwas.

Wenn jemand sagt, die Wissenschaft habe gezeigt, dies oder jenes sei so und so, könnten Sie fragen: „Wie zeigt Wissenschaft das – wie haben die Wissenschaftler das herausgefunden – wie, was, wo?“

Nicht Wissenschaft hat es gezeigt, sondern dieses Experiment, jene Auswirkung.

Und die Folge dessen ist eine beträchtliche intellektuelle Tyrannei im Namen der Wissenschaft.

Von allen Fächern bergen allein die Naturwissenschaften die Lehre in sich, wie gefährlich es ist, an die Unfehlbarkeit der größten Lehrer der vorangegangenen Generation zu glauben.“


 

Ein "Lotse" durch den Info-Dschungel zur Wald-Problematik in Deutschland