Forstlobby

[ Hintergrund: In Deutschland sind die Forst- und Holz-Interessengruppen sehr stark und gut untereinander vernetzt. Sie wehren sich vehement gegen eine Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie, also gegen mehr nutzungsfreie Wälder, auch wenn sie sich in öffentlicher Hand befinden. Auch die Ausweisung von neuen Nationalparken wird stets nach Kräften torpediert, die Bevölkerung vor Ort entsprechend beeinflusst und gelenkt. Und es wird verhindert, dass „ordnungsgemäße Forstwirtschaft“  und „gute fachliche Praxis“ definiert wird – d.h. es fehlt der Maßstab, um Missstände klar erkennen und benennen zu können. usw usf… ]


22. 10. 2019:

Die Forstwissenschaft und der Populismus …

Am 11. Oktober teilte Prof. Dr. Christian Ammer von der Universität Göttingen einem Verteiler mit, dass er ein Schreiben an die Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben habe. Der Betreff: Förster Wohlleben macht Meinung – Was setzen Forst- und Holzwirtschaft dagegen? Er habe „doch etwas geschrieben, weil es ans Grundsätzliche geht …“

Zum Verteiler in Cc gehörten
– Freiherr Hans von der Goltz, Forstdirektor im Ruhestand,
– Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie,
– Prof. Dr. Gerhard Möhring, Professor für Forstliche Betriebswirtschaftslehre am Institut für Forstökonomie der Georg-August-Universität Göttingen,
– Dr. Klaus Merker, Präsident der Anstalt Niedersächsischen Landesforsten,
– Hubertus Wörner, Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
– Prof. Dr. Hermann Spellmann, Leitender Forstdirektor, Nordwestdeutsche forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA)
– Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts für Waldökologie,
– Olaf Schmidt, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF),
– Kurt Amereller, Vizepräsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft,
– Franz-Josef Risse (RPT) Regierungspräsidium Tübingen.

Der Bezug im Schreiben an die FAZ lautete: Anmerkungen zum Interview mit Peter Wohlleben in der FAZ am Donnerstag, den 10. Oktober 2019, Seite 8.

Prof. Dr. Ammer bittet zunächst das „sehr geehrte Herausgebergremium der FAZ“ um Erlaubnis, sich vorstellen zu dürfen:
„Mein Name ist Christian Ammer, ich bin Professor an der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen und schreibe Ihnen weniger wegen des Unsinns, den Herr Wohlleben, der in Ihrer Zeitung vor einigen Tagen in einem Interview zu Wort kam, von sich gegeben hat, sondern wegen der medialen Präsenz, die einem Mann wie Herrn Wohlleben einräumt wird.“

Er stellt dann fest, dass Herr Wohlleben mit Büchern über den Wald ausgesprochen erfolgreich sei.

Dagegen sei nichts einzuwenden, „würden die von Herrn Wohlleben vertretenen einfachen Botschaften nicht aus einer fatalen Mischung von Halbwahrheiten und Mutmaßungen bestehen, die geschickt als gesichertes Wissen verkauft werden.“

Dr. Ammer bringt jedoch gleich zum Ausdruck, dass „einem das gleichgültig sein könnte“ und beschreibt dann, was ihn wirklich bewegt:

„ Wenn sich darin aber ein Zeitgeist spiegelt (und das ist meiner Wahrnehmung nach der Fall), wonach auf vielen gesellschaftlichen Ebenen Populisten damit Erfolg haben, dass sie Behauptungen in die Welt setzen, welche, nach ausreichend häufiger Wiederholung, von einer entsprechend gestimmten Gefolgschaft alsbald als Wahrheit angesehen werden, dann muss einem das Angst machen.“

Damit wird klar, es geht Dr. Ammer um etwas viel Größeres. In Wohllebens Büchern spiegelt sich lediglich „der Zeitgeist“ wider. Von dem Szenario dieses globalen Zeitgeistes holt er uns jedoch wieder ab und nimmt uns einen Teil dessen, „was uns Angst macht“:

„Nun ist die Frage, ob und wie Wälder bewirtschaftet werden sollen, keine, an der sich die Zukunft unserer Gesellschaft entscheiden wird.“

Da können wir beruhigt sein, geht es Dr. Ammer in Sachen Wald wohl nur um eine Metapher: „Gleichwohl ist das Thema Wald ein Bereich, den ich beruflich bedingt einigermaßen überblicke, und wenn das, was ich hier beobachte auch für andere, relevantere Themenbereiche gilt, besorgt mich das.“

Dieser Besorgnis gibt er sogleich Ausdruck:
„So kann sich ein Mann, der, wie leicht nachzuweisen ist, falsche Behauptungen als wissenschaftliche Befunde darstellt (im Interview in der FAZ zum Beispiel zum Bodenkohlenstoff), ganz offenbar aufgrund seines publizistischen Erfolges als Experte inszenieren, ohne dass von Seiten der Medien danach gefragt würde, ob seine Weisheiten (die mitunter so unglaublich klingen, dass man eigentlich auch ohne kritische Nachfragen misstrauisch werden müsste), tatsächlich den Stand des Wissens wiederspiegeln.“

mannomann …

Bisher konnten wir davon ausgehen, dass Populisten die Medien und ihre Arbeit zum Gegenstand ihrer Angriffe machen. Jetzt eröffnet uns Dr. Ammer eine ganz neue Facette.

Munter spricht er weiter Klartext:

„Gerade die seriösen Medien zeigen sich – zurecht – besorgt, wenn es um „alternative Fakten“ oder gar um „fake news“ geht. Tatsächlich jedoch, leisten sie mitunter, zumindest in jenem Bereich, in den ich Einblick habe, genau dem Vorschub: der unreflektierten Verbreitung und Bestätigung von unbewiesenen oder falschen Behauptungen.“

Die Medien als Wegbereiter von Populisten. Und falls diese Medien das nicht gleich begreifen oder in ihrer begrenzten Wahrnehmung missverstehen könnten:

„Ich hoffe sehr, dass Sie meine Betrachtungen als das nehmen, was sie sind: Gedanken eines besorgten Bürgers, der staunend vor dem Befund steht, dass auch 250 Jahre nach der Aufklärung nicht etwa Tatsachen bzw. im Wortsinn ‚vernünftige‘ Argumente die Bilder bestimmen, die als Wirklichkeit wahrgenommen werden, sondern durch geschickt hervorgerufene Emotionen transportierte Botschaften. Gerade weil ich glaube, dass kritischer Journalismus wohl selten so wichtig war, wie in der aktuellen Hochzeit der Politik- und der Waldpopulisten, schreibe ich Ihnen.“

Journalistische Begriffsstutzigkeit kann überall lauern – auch in der Redaktion der FAZ.

Deshalb meine Erkenntnishilfe: Dr. Ammer ist nicht nur Forstwissenschaftler, sondern hat sich offenbar in profunder Weise mit historischen Hintergründen und psychologischen Fragen befasst.
Heute erkenne er „eine Hochzeit der Politik- und Waldpopulisten“ als ein Ergebnis der „Gedanken eines besorgten Bürgers.“

Hoffentlich erkennen das die Journalisten auch endlich einmal.

Alles kommt zu einem guten Ende. Dr. Ammer stellt zwar anfangs heraus, wer er sei und welche berufliche Stellung er einnehme. Am Ende zeigt er sich dann doch lediglich schlicht als besorgter Bürger.

Und ich erkenne nun, dass ich auch die illustren Persönlichkeiten seines o.a. Verteilers als Teil jener besorgten Bürger sehen darf und nicht als zielgerichtete Interessenvertreter des Cluster Forst und Holz, die den arroganten und diffamierenden, letztlich blamablen Charakter des Schreibens Dr. Ammers an die FAZ erkennen und zurückweisen könnten.

Auch die nach hunderttausenden zählende ahnungslose und unwissende Leserschaft Peter Wohllebens kann froh sein, dass es Männer wie Dr. Ammer gibt, die alles daransetzen, sie aus den Tiefen dumpfer Desinformation zu erlösen.

Ich verlasse jetzt meinen Schreibtisch und genieße den herbstbunten Wald hinter meinem Haus. Über den Unterschied von populär und populistisch denke ich später einmal nach.

Karl-Friedrich Weber

01. 10. 2018:

Was hat dieses Gespräch auf der Seite Waldwahrheit zu suchen? Vielleicht mehr, als wir beim ersten Hinsehen vermuten. Sowohl hinsichtlich des Verhaltens der politischen Eliten lassen sich im Kern Vergleiche zu den Ebenen von leitenden Beamten auch im Forstwesen und den Ministerialbürokratien der Länder ziehen.

Vor allem aber die Folgewirkungen des Neoliberalismus auf die gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse strahlen in einzelne Wirtschaftssektoren hinein, zu denen auch die Forstwirtschaft zu rechnen ist. Da ist eine Analyse ihrer gegenwärtigen Ausrichtung auf globalisierte Märkte und deren Folgewirkungen auf die Naturressource Wald angebracht.

Karl-Friedrich Weber

[Kommentar zum Artikel „Die Eliteangehörigen gehören zu den Gewinnern der gesellschaftlichen Spaltung“ von Reinhard Jellen, Telepolis 30.9.2018]

https://www.heise.de/tp/features/Die-Eliteangehoerigen-gehoeren-zu-den-Gewinnern-der-gesellschaftlichen-Spaltung-4177339.html

28. 09. 2018:

Reinhard Bingener von der F.A.Z.-Politik hat in seinem Essay die Klischees gut herausgearbeitet. Der Forstamtsleiter Karsten Pfeiffer aus dem Harz ist in seinen Aussagen ein Spiegelbild seines berufständischen Paradigmas, nicht unsympathisch und wohl einem guten Diskurs aufgeschlossen, der Missverständnisse nach und nach abbauen könnte: Zum Beispiel die Überzeugung, dass die großen Naturschutzverbände eine Trennung von Nutzplantagen- und Naturschutzwald forderten. Das Gegenteil ist der Fall. Sich selbst bestätigende Stereotype sitzen fest, können aber korrigiert werden.

Mit seiner Aussage, dass die diejenigen Städter die Schlimmsten seien, die über den Wald bestimmen wollen, legt Pfeiffer treuherzig (aber auch mit einer berufseigenen Abgehobenheit) offen, wie dieses Paradigma noch heute fest verortet ist – hier der auch von den Städtern auf dem Sofa alimentierte Beamte, der alles oder zumindest sehr viel über den Wald der Zukunft weiß, -. dort jener, der gefälligst zu schweigen hat in seiner Unkenntnis der wahren Dinge.

Über Franz Prinz zu Salm-Salm als Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes von Sachsen-Anhalt darf man aus der Recherche seiner lautstarken öffentlichen Auftritte im Laufe der Zeit ein wirklichkeitsnahes Resümee ziehen: Er ist und bleibt wohl ein Funktionär und Draufschläger ohne waldbauliche und waldbetriebswirtschaftliche Kompetenz. Wer so neben der Spur fährt und sich dabei einfach großartig findet, dem wird der Unterschied zwischen Wirtschaftlichkeit und Rentabilität fremd bleiben.

In einem demokratischen Verfassungsstaat wird dann die Gesellschaft diejenigen Normen und Rahmenbedingungen weiterentwickeln müssen, die jemanden wie Salm-Salm aufzeigen, dass adeliger Absolutismus Geschichte ist.

Karl-Friedrich Weber

[Kommentar zum Artikel „Ein Hauen und Stechen“ von Reinhard Bingener, FAZ net 22.9.2018]

http://edition.faz.net/faz-edition/politik/2018-09-22/13713cbc0b3cf1d05009a20090dc746c/?GEPC=s9

06. 09. 2018:

Seit vielen Jahren, inzwischen seit Jahrzehnten, haben die Umweltverbände auf die Konsequenzen der Rechtsverletzungen europäischen Naturschutzrechts hingewiesen.
In Niedersachsen haben mit einer Arroganz ohne gleichen beamtete Ministeriale alle Warnungen in den Wind geschlagen und den Rechtsstaat ad absurdum geführt. Auch Forstbeamte des Landes waren und sind an vorderster Front beteiligt gewesen und behindern teilweise noch heute u.a. in ihrer politischen Eigenschaft als Kreistagsabgeordnete den Prozess der Schutzgebietsausweisungen.

Einzelne Beratungsforstämter der Niedersächsischen Landesforsten liefern sich mit den Naturschutzbehörden einen verbissenen Kleinkrieg und werden dafür von den Bürgern des Landes alimentiert. Der berüchtigte Leitfaden zur Anwendung von Ausführungserlassen – gerichtet an die Landkreise, die die Quadratur des Kreises lösen sollen – ist eine Anleitung zum Rechtsbruch. Das betrifft insbesondere auch die FFH-Waldschutzgebiete der Landesforsten. Die Landräte stehen in der Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der durch die Kreistage zu beschließenden Schutzverordnungen. Es ist ihre Pflicht, sich gegenüber rechtswidrigen Anweisungen der Landesregierung zur Wehr zu setzen. Wie viele bringen diesen Mut auf?

Das alles ist für außenstehende Beobachter unfassbar und die Frage kommt auf: Wer ist verantwortlich für das Desaster?

Eines wird klar werden: Es sind Roß und Reiter zu benennen. Niemand sollte sich verdrücken können, wenn die Fragen nach schuldhaftem Handeln lauter werden. Da wird allerhand aufzuarbeiten sein, weil es nicht sein darf, dass Staatsbedienstete den Verfassungsauftrag ignorieren und ihr eigenes Recht schaffen. Deutschland ist (noch) ein Rechtsstaat. Wir alle haben die Pflicht, dafür einzutreten, dass das so bleibt.

Karl-Friedrich Weber

[Kommentar zur Pressemeldung 111/2018 des Landes Niedersachsen: ]

http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/niedersachsen-macht-tempo-bei-der-umsetzung-von-natura-2000-lies-eu-kommission-erwartet-fristgerechte-umsetzung-168562.html


27. 08. 2018:

Wodurch werden Ordnung und Stabilität demokratischer Gesellschaften in ihren grundlegenden Voraussetzungen stärker bedroht? Durch die tatsächlichen oder vermeintlichen Tagesprobleme, wie sie sich in den Medien abbilden oder durch die schleichende Auflösung ihrer Eckpfeiler – einem Staatsverständnis, das u.a. auf der strikten Gewaltenteilung und einer ethisch gegründeten Verantwortlichkeit ihrer Führungseliten beruht?

Geht es nur um Wirtschaftsführer oder geht es auch zum Beispiel um Spitzenbeamte, die kollektive Netzwerke bilden, in der Öffentlichkeit zunehmend politische Gegenpositionen zu Entscheidungen der Legislative beziehen und sich bereits offen zum Staat im Staate entwickeln?

Die Sitzungsprotokolle des Niedersächsischen Landtags z.B. legen immer wieder offen, wer in den Debatten um forstwirtschaftliche Fragen die Regie im „Experten“-Hintergrund führt.
Das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen ungenügender Umsetzung der FFH-Richtlinie, die jahrelange offene Gegenposition und immer noch verdeckten Widerstände gegenüber dem Regierungsprogramm zur biologischen Vielfalt – oder etwa die Fakes, mit denen gearbeitet wird, wenn es um die Verschleierung von langfristigen schädlichen Folgewirkungen der Nichtbeachtung von Nachhaltigkeitsstandards geht; noch sind es womöglich nur Symptome einer tiefgehenden Entwicklung.

Demokratien werden von ihren Eliten zerstört?
Ich würde noch nicht so weit gehen, sondern von einer Gefährdung sprechen, die aber bis in die unteren Ebenen wirkt und selbst die Justizministerin Barley vor dem „Ende des Rechtsstaates“ warnen lässt (Braunschweiger Zeitung vom 26.8.2018).

Das Offenlegen von Missständen, dienstlicher Mut von Beamten statt opportunistischer Anpassung, Zivilcourage von Bürgern, die sich einschalten – vor allem aber die Pflicht der Politik zur verantwortlichen Entscheidung und nicht die bequeme Verlagerung der Entscheidung auf die Expertenebene, wo sie nicht hingehört. Ob das noch reicht, muss offen bleiben.

Karl-Friedrich Weber

[Kommentar zum Artikel „Demokratien werden von ihren Eliten zerstört“, Frankfurter Rundschau, 18.8.2018]
http://www.fr.de/kultur/gesellschaft-demokratien-werden-von-ihren-eliten-zerstoert-a-1565108?GEPC=s5


03. 07. 2018:

 Tea-Party der Waldbesitzerfunktionäre – ein Kommentar

Das Holzzentralblatt Nr. 20 vom 18. Mai 2018 berichtet auf Seite 463, was geschehen ist. Nichts Besonderes zunächst, die Mitgliederversammlung des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen fand am 7. Mai in Isernhagen statt.

Altfunktionär Norbert Leben hatte Gäste geladen: Waldministerin Barbara Otte-Kienast (CDU) und die Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Charlotte Kreuzer-Kirchhof, die gemeinsam mit ihrem aus politischen Gehübungen in der Vergangenheit bekannten Vater und ehemaligem Verfassungsrichter Prof. Dr. Paul Kirchhof eine als Gutachten bezeichnete Streitschrift gegen das Landesnaturschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen verfasst und damit beim Waldbauernverband NRW Begeisterungsstürme ausgelöst hatte. (HZ Nr. 37/2017 S. 829).

Da ist dann noch Georg Schirmbeck als Gast anwesend, CDU-Landespolitiker und Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates. Sein Grußwort: „Bei Herrn Meyer (ehemaliger grüner Waldminister) war man froh, wenn der Ministerpräsident uns das Schlimmste vom Hals gehalten hat. Jetzt haben wir eine Ministerin, die viele von uns auch wollen. Und jetzt wollen wir auch was.“ So war das also bei rot-grün?

Da lieferte Frau Otte-Kienast folgsam: „Ich werde sie in jeder Hinsicht unterstützen, überzogene Forderungen des Naturschutzes abzuwehren.“ – und: „Ein formalistischer Naturschutz greift in die Rechte des Eigentümers ein, und das wollen wir in Zukunft verhindern.“

Ob sie verstanden hat, was ihr da ihre Ministerialbeamten ins Drehbuch geschrieben haben, bleibt offen. Da wäre sie nicht allein. Ich jedenfalls habe den Satz auch nicht verstanden.

Aber worum geht es eigentlich? Ach ja, seit 1992 existiert die FFH-Richtlinie der EU. Sechs Jahre danach hätte sie in deutsches Recht umgesetzt sein müssen. Das ist in Niedersachsen bis heute nicht geschehen. Wir schreiben das Jahr 2018. Die EU-Kommission nimmt die Rechtsverletzungen endlich nicht mehr hin. In einem Vertragsverletzungsverfahren ist eine letzte Frist bis Ende 2018 gesetzt, in der die einschlägigen Schutzverordnungen durch die Kreistage rechtssicher beschlossen sein müssen. Davon ist Niedersachsen Welten entfernt.

Wer hat das Desaster zu verantworten? Es geht längst um Schuldzuweisungen. Die Grünen Minister der vergangenen Legislaturperiode waren es natürlich, nicht etwa die CDU-geführten Regierungen der vergangenen Jahrzehnte und die Blockaden der Grundeigentümer, die mit ihrer Lobby in den Kreistagen – darunter Forstbeamte des Landes, die der Loyalitätspflicht unterliegen – jedes Bemühen um Rechtskonformität behindern, und zwar bis heute.

Waldbesitzerchef Leben hierzu: „Man hat 25 Jahre Zeit gehabt und sagt jetzt, man hätte keine Zeit mehr.“

So einfach können die Dinge auf den Kopf gestellt werden, zumindest auf einer Tea-Party.

Das ist Wasser auf die Mühlen eines weiteren Redners, Dr. Klaus Merker. Es ist der Präsident der Niedersächsischen Landesforsten, einer Anstalt öffentlichen Rechts. Er ist jedoch kein Gast. Die NLF sind Mitglied im Waldbesitzerverband.

In den Jahren 2015 bis 2017 sei bei Natura 2000 „alles schief gegangen, was schief gehen konnte“. Durch die Aufforderung des Umweltministeriums an die Landkreise, über die 1:1-Umsetzung der EU-Anforderungen hinauszugehen, habe man Widerstände provoziert und Zeit verschenkt. Was eine 1:1 Umsetzung sei, begründet auch er nicht.

Niemand hat diese Floskel bisher logisch begründet. Es geht auch nicht um Aufklärung, sondern um Schuldzuweisungen angesichts drohender Strafzahlungen. Fake News und Zerrbilder der Abläufe haben Konjunktur.
Ein Bild gewinnt Kontur. Die erzkonservative Verfassungsrechts-Dynastie der Kirchhofs sieht ein neues Tätigkeitsfeld und feiert fröhliche Urständ. Totgesagte leben eben länger.

„Eigentum ist verantwortete Freiheit“, beeindruckte Kreuter-Kirchhof und stellte an den Beispielen Baumartenwahl, Totholzanteile und Biotopschutzkartierung dar, wie der Staat durch sein Vorgehen das verfassungsgemäß garantierte Eigentum in unzulässiger Weise einschränke.

„Ich habe den Kopf geschüttelt“, sagte sie im Schafspelz einer Gutachterin, als sie sich mit der Rechtslage zu Natura 2000 in Niedersachen vertraut gemacht habe. Da ist ihr zuzustimmen. Rechtsbeugungen und Rechtsverletzungen in den übernutzten Wäldern Niedersachsens sind immer wieder belegt und dokumentiert worden.

Die Tea-Partybewegung der Grundeigentümer ist kein Zufallsereignis. Sie ist sorgfältig inszeniert. Sie ist ein Angriff auf die verfassungsgemäße Schrankenbestimmung des Eigentums. Sie ist vor allem ein Angriff auf Bürgerrechte. Die Protagonisten, die ihre Chance wittern, sind handverlesen. Der Supreme Court von der Prägung eines Trumps lässt leise grüßen.

Die verfassungsgemäße Ordnung zerbricht nicht an drei bayrischen Grenzübergängen, sie zerbröselt leise schleichend oder inzwischen in dreister Öffentlichkeit tagtäglich in den Händen derer, die von den Bürgern alimentiert sind und dafür Recht und staatliche Ordnung zu wahren haben. Da sollten uns allmählich die Alarmglocken schrillen, nicht wahr, liebe Landespolitiker?

Karl-Friedrich Weber

Foto: Karl-Friedrich Weber
Feuchtstandort-Entwässerung nach Kahlschlag in einem FFH- und Vogelschutzgebiet

FFH-Zerstörung 19-1-2018 i
Ich habe die Zitate so übernommen, wie sie im Holzzentralblatt aus der o. a. Mitgliederversammlung wiedergegeben wurden, also in diesem Kontext. Die Haltung, Vorgehensweise und Unterlassungen der Niedersächsischen Landesforsten und des Landwirtschaftsministeriums nicht nur in Ihrem Wahlkreis Helmstedt wird in einer gesonderten Analyse dokumentiert werden, die sich in der Erarbeitung befindet.


14. 01. 2018:

POSITIONIERUNG ZU DEN KOALITIONSVERHANDLUNGEN 2017

Die Eigentum-Ideologen der AG Deutscher Waldbesitzerverbände fordern einen ideologiefreien Diskurs:

„keine weiteren Flächenstilllegungen und einen ideologiefreien Diskurs über den Verzicht auf Holznutzung, insbesondere im Bezug auf Klimaschutz, Rohstoffversorgung, Arbeitsplätze und Ressourceneffizienz unserer Wälder“

Unter Ressourcen-Effizienz verstehen sie:

“ … eine nachhaltige Intensivierung der Holznutzung und die Anerkennung der Klimaschutzleistungen der Forstwirtschaft,

die Erhöhung der Holzbauquote bei öffentlichen Projekten
Klimaschutzziele nicht gegen Naturschutzziele auszuspielen
Naturschutzmaßnahmen auf ihre Klimawirksamkeit zu überprüfen,

klimaresistente Baumarten wie Küstentanne, Douglasie und Roteiche zu fördern,

keine Einschränkung der Holznutzung: stoffliche und thermische Holznutzung bedeutet Klimaschutz“

Diese Forderungen sind zu plump in den leeren Raum neben die gegenwärtige wissenschaftliche Differenzierung gestellt, als dass sie dauerhafte Wirkung entfalten können. Aber sie bremsen den Prozess tatsächlicher Potenzialentwicklung der Wälder. Die derartige „Positionierungen“ schreiben, bemerken es nicht einmal.

[ Kommentar zu: PoKommentar zu: Positionierung zu den Koalitionsverhandlungen 2017 des AGDW = Waldbesitzerverbands ]

http://www.waldmaerker.de/pdf/charta-fuer-den-wald.pdf

Foto: Karl-Friedrich Weber

„nachhaltige, ideologiefreie Holznutzung“ 2015 durch Buchengroßkahlschlag eines Waldeigentümers im Oder, Landkreis Wolfenbüttel, Niedersachsen.

 


14. 01 2018:

zum besseren Verständnis über die politische Zielrichtung des Clusters Forst in kommunalen Gremien …

Waldpolitik ist europäische und nationale Politik. Es wäre fatal, wenn das anders wäre. Wenn die Kommunen den Empfehlungen ihrer Lobbystrukturen folgten, verließen sie die Plattform der nationalen Gemeinschaft Deutschlands und stellten sich außerhalb des europäischen Kontextes. Das wäre ein zersetzender Akt und das Gegenteil von Kommune.
________________________________________________

aus dem Phrasenkatalog des Gemeindewaldbesitzerverbandes Nordrhein-Westfalen …

„Finanzieller Ausgleich für Waldstilllegung im Kommunalwald. Nach dem Grundsatz, wer bestellt, zahlt, fordern Kommunen einen vollständigen finanziellen Ausgleich, analog der Transferleistungen des Landes für Wildnisgebiete im Staatswald.

Die Einnahmen aus dem Holzverkauf sind für viele Kommunen ein wichtiger Posten im städtischen Haushalt. Angesichts der kommunalen Finanzsituation können es sich die wenigsten Städte und Gemeinden leisten, auf diese Einnahmen zu verzichten. Finanzieller Ausgleich für den Nutzungsverzicht wird aber trotzdem bedeuten, dass der Holzwirtschaft der Rohstoff fehlt und der Nutzungsverzicht zum Verlust von Arbeitsplätzen in der Forst- und Holzwirtschaft führt.“

Sie haben mit waldzerstörender Großmaschinentechnik Arbeitsplätze der Forst- und Holzwirtschaft wegrationalisiert wie in kaum einer anderen Branche und sind sich nicht zu schade, diese Karte zu spielen, um ihre abstrusen Forderungen zu begründen.

[ Dieser Kommentar ist die Fortsetzung zum vorangehenden Beitrag vom 13.01.2018, und ein Kommentar zu folgendem Artikel: „Kommunen wollen über Waldbewirtschaftung selbst entscheiden“ ]

https://www.forstpraxis.de/nordrhein-westfalen-kommunen-wollen-ueber-waldbewirtschaftung-selbst-entscheiden-608517/

13. 01. 2018:

WELCHEN PREIS HAT DER WALD FÜR DEN BÜRGER?

Kommunale Waldbesitzer appellieren an die Bundesregierung die gesellschaftliche Leistungen der Wälder zu honorieren und dem Wald mehr Wertschätzung zu geben. Den Erholungswald gibt es nicht zum Nulltarif!

„Daher appellieren wir an die neue Bundesregierung, die bisher von den Kommunen gratis erbrachten gesellschaftlichen Walddienstleistungen zu honorieren. Ziel ist es, die nachhaltige Forstwirtschaft und Erholung in Einklang zu bringen. Dabei geht es um einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Belangen des kommunalen Waldbesitzes“, erklärt der Vorsitzende des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“, Verbandsdirektor Winfried Manns (Mainz) anlässlich der Bundestagung des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“ am 09./10. Oktober 2017 in Rostock-Warnemünde.

Dass sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund fest im Griff von Waldlobbyisten befindet, die im gemeinsamen Forstausschuss „Deutscher Kommunalwald“ etabliert sind, ist inzwischen durch ähnliche Entgleisungen bundesweit deutlich geworden.

Das wirft die Frage auf, ob den Mitgliedern des Städte- und Gemeindebundes bewusst ist, wie sich die kleine handverlesene Interessengruppe auf dem Foto anmaßt, für sie in dieser Form und mit dieser Zielrichtung zu sprechen.

Sind die Kommunen nicht die Sachwalter ihrer Bürger? Sind nicht die kommunalen Wälder in erster Linie für ihre Bürger und ihre Lebensqualität da und nicht für die Maximierung von Geldgewinnen?

Wie kann es sein, dass diese Denkmuster des Forstausschusses immer wieder in die Öffentlichkeit getragen werden, ohne dass eine Korrektur dieses unsäglichen Verhaltens erfolgt? Warum lassen die Mandatsträger der Kommunen das mit sich machen?

Karl-Friedrich Weber

13.01.2018:

Kommentar von Karl-Friedrich Weber am 13. 01. 2018 zu Peter Wohllebens Buch „Das geheime Leben der Bäume“:

Pierre L. Ibisch:

„Namhafte Forstwissenschaftler Deutschlands bekämpfen Peter Wohllebens Buch in verschiedenen medialen Äußerungen und im Rahmen einer Online-Petition, die von über 4500 anonym bleibenden Menschen unterstützt wurde: Auch im Wald: Fakten statt Märchen – Wissenschaft statt Wohlleben (Einreicher Prof. Christian Ammer, Universität Göttingen). Dies ist ein beschämender Vorgang, da hier Wissenschaftler im Grunde gegen die Meinungs- und Pressefreiheit argumentieren.“

Jeder hat die Freiheit, sich zu blamieren wie er es möchte. Dieses Recht haben auch Forstwissenschaftler und 4.500 anonyme Unterzeichner der Online-Petition. Ihnen ist offenbar noch nicht einmal bewusst, wie sehr sie sich mit dieser Aktion in einem absolut unwissenschaftlichen Feld bewegen und letztlich auf bemerkenswerte Weise die engen Grenzen ihres Paradigmas offen legen.

Karl-Friedrich Weber


11.07.2017 :

Auf ein Wort

Die Redaktionspause von Waldwahrheit war nicht gleich zu setzen mit einer Sommerpause. Was auf einem Drittel der Fläche Deutschlands zugelassen, geschaffen, gestaltet, gebraucht, missbraucht und zerstört wird, lässt niemanden los, der Wald atmet.

Was daran positiv zu sehen sei, bleibt für sich genommen zunächst zweifelhaft und muss begründet werden im Hinblick auf ein Ziel. Dieses Ziel definiert nicht die Natur, sondern die Gesellschaft. Natur setzt sich keine Ziele. Sie ist selbstgesteuert. Dass sie uns braucht, ist Anmaßung.

Wald an sich braucht prinzipiell auch keine Förster. Förster brauchen wir im Hinblick auf etwas, das wir selbst wollen. Soviel Ehrlichkeit sollte sein. Ziele müssen allgemeingültig formuliert werden. Jeder muss sie verstehen können. Die Forstwirtschaft hat kein klar und allgemeinverständlich definierten Ziel. Das ist beschämend und im Grund eine Katastrophe für den Wald.
In dem Prozess einer „ökologischen Weiterentwicklung“ des Langfristigen Ökologischen Waldentwicklungsprogramms in Niedersachsen (LÖWE) hat eine handverlesene Expertengruppe des grünen Landwirtschaftsministers es in 9 Sitzungen nicht vermocht, eine Definition für „Naturnahe Waldentwicklung“ zu finden. Naturnähe ist seit 1991 als Ziel dieses Regierungsprogramms benannt. Die Begründung war, dass die gut ausgebildeten Mitarbeiter ohnehin alle wüssten, was damit gemeint sei.

Müssen Bürger dieses Possenspiel hinnehmen, das ein Regierungsprogramm zum Wortgeklingel macht, aus Unvermögen oder bewusst? Nimmt die Niedersächsische Landesregierung dieses Possenspiel hin? Warten wir es ab. Wir kommen noch darauf zurück.

Wald atmen kann auch Verengung des Blickwinkels bedeuten. Das wäre gefährlich. Das ist gefährlich. Mit Verengung des Blickwinkels wird gegenwärtig Forstpolitik geschrieben, die unter dem vermeintlichen Schutz einer phrasenhaften Nachhaltigkeitsrhetorik im Wald erneuernd, umbauend, gestaltend, pflegend, klimafestigend, klimaschützend, nachsorgend, vorsorgend, langfristig, nettowertschöpfend, rohstoffsichernd, sozioökonomisch wirkt und was sonst noch so alles macht.

Je stärker die Bemühungen sind, eigenes Handeln und Unterlassen gegenüber einer Öffentlichkeit durch bombastisches Wortgeklingel zu begründen oder zu verschleiern, desto größer wird das Unbehagen derjenigen, die nach den Aussagen eines leitenden Forstmannes ohnehin keine Ahnung haben.

Man muss die interessengeprägten Worte des Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände und Waldlobbyisten Philipp Franz Freiherr von und zu Guttenberg nicht ernst nehmen, wohl aber die Haltung von Bediensteten des Staates. Sie genießen besondere Fürsorge und stehen dafür in der Loyalitätspflicht gegenüber den Bürgern, von denen sie alimentiert werden.

Zu dieser Loyalitätspflicht gehören Faktenwahrheit und Redlichkeit in deren Interpretation, auch wenn sie immer und unausweichlich subjektiv gefärbt sein wird. Dazu gehört aber auch, dass sie die Datenlage öffentlicher Wälder offen legen und die Öffenltichkeit in die Lage versetzen, diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Sich hinter Betriebsgeheimissen zu verschanzen, wenn es um das Alter oder Holzvorräte einzelner Bestände geht, ist nicht nur lächerlich, sondern amtspflichtenverletztend. Fachminister, die im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht dieses Verhalten dulden, machen sich zu Handlangern – oder schlimmer – Komplizen nachgeordneter Führungskader.

Schade, dass der Begriff der Fake-News (lancierte bzw. veröffentlichte „vorgetäuschte Nachrichten“) zwar gut auf den Punkt bringt, mit was Waldinformation zunehmend zu tun hat, in der „Trump-Ära“ jedoch zu einem politischen Schlagwort mutiert ist.

Zur Faktenwahrheit und Redlichkeit der Interpretation gehört die Defizitanlayse. Sie zeigt auf, worüber wir nichts wissen. Wald ist ein Medium, über das wir besonders wenig wissen. Wer diesem Satz reflexhaft widersprechen möchte, nehme sich die Zeit, darüber nachzudenken und erst dann eine Meinung zu haben. Über Fehler offen zu sprechen, ist Stärke und nicht Schwäche.

Wer glaubt zu wissen, muss keine Ahnung entwickeln. Er bleibt beschränkt in seinem Horizont. Menschen, die nicht fachkundig sind, aber Intuition und Gespür aus dem Unterbewusstsein ihrer irgendwo abgespeicherten Lebenserfahrung entwickeln, haben eine Ahnung. Sie muss nicht, kann aber der Fachkundigkeit haushoch überlegen sein.

Waldwahrheit will zu diesem bedeutsamen Erkenntnisfeld seinen bescheidenen Beitrag leisten – nicht mehr und nicht weniger. Keinesfalls weniger. Deshalb freuen wir uns auf den künftigen Diskurs.

Karl-Friedrich Weber


19. 04. 2017 :

„Wir sind nicht die einzigen Fachleute, die etwas von der Natur verstehen. Zu diesem Dialog über unsere Arbeit muss man bereit sein. Auch bereit, dass Dritte einem in den Betrieb und in die Bücher gucken.“

Hut ab, Helmut Seitel, so kann es gehen.

Von dieser Bereitschaft sind die Landesforstanstalten in der Regel meilenweit entfernt. Selbst die sogenannten Naturaldaten über die Waldbestände wie Baumartenzusammensetzung, Alter, Holzvorräte, Nutzungsmengen etc. werden als Betriebsgeheimnis behandelt. Solange diese Haltung anhält, steht im Raum, dass etwas zu verbergen sei.

[ Kommentar zu einem Artikel über den Leiter des Forstamts Dieburg, Echo online, 18.04.2017 ]

http://www.echo-online.de/lokales/darmstadt-dieburg/dieburg/helmut-seitel-der-leiter-des-forstamts-dieburg-oeko-pionier-in-hessen-ueber-artenvielfalt-und-profit-im-wald_17825723.htm


19. 04. 2017 :

„Es wäre ein politischer Kompromiss, der fast nur Sieger kennt: Die Landesregierung könnte jetzt schon die Planerfüllung vermelden. „ThüringenForst“ dürfte die Buchenwälder des Possen weiter nutzen – und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt könnte bis 2050 einen Teil ihrer Flächenbetreuung über den Holzverkauf finanzieren.“

Dreister kann man die Mogelpackung nicht schnüren. Die „Umweltexperten“ Tilo Kummer (Linke) und Dagmar Becker (SPD) sollten noch einmal gründllich darüber nachdenken, was sie hier an großartiger Denkarbeit leisten.

Die Wälder der Bundesstiftung Umwelt in Deutschland sind zu großen Teilen weit von einer Naturnähe entfernt und benötigen Zeiträume für eine relative Naturnähe, die Jahrhunderte dauern kann. Urwälder werden es in historischen Zeitdimensionen nicht. Das Verhalten dieser Stiftung wird auch an anderen Orten als undurchschaubar und widersprüchlich erkannt. Holzeinschlag für die Finanzierung des Personals im nationalen Naturerbe und Jagd auf die böse Fichte?

Selbst wenn Thüringen mit dieser dubiosen Schönrechnerei auf 5% käme, wäre das nur die Hälfte der Waldflächen, die andere Bundesländer gemäß der internationalen Verpflichtungen Deutschlands und den Empfehlungen der Bundesregierung nutzungsfrei stellen.

Die Behauptung des Sprechers Horst Sprossmann der „Thüringen Forst“, wonach die zusätzliche „Aufgabe“ von 4.000 Hektar Waldfläche für „ThüringenForst“ einen Wertverlust in Höhe von fast 30 Millionen Euro bedeute und jährliche Ertragsminderungen in Höhe von fast einer Million Euro hinzukämen, gehört zur allgemeinen klischeehaften Argumentation der Landesforstanstalten der Länder. Und solange der Wertholzanteil in den letzten mitteleuropäischen Buchenurwäldern teilweise ein Mehrfaches dessen beträgt, was im ordnungsgemäß bewirtschafteten deutschen Altersklassenwald erreicht wird, sollte einmal mehr über die Verwendung der Begriffe und ihrer Inhalte nachgedacht werden.

Was bedeutet der Begriff „bedeute“? Wo und wie entsteht ein Wertverlust, wenn Holz nicht genutzt wird, sondern in den oftmals unterbevorrateten Wäldern verbleibt und weiter zuwächst?

Was sind eigentlich Werte für Thüringen Forst? In welcher Relation befindet sich eine Ertragsminderung in Höhe von jährlich einer Million gemessen am Volumen des Landeshaushaltes? Welcher Zugewinn an Wertschöpfung wäre in einer ehrlichen Bilanzierung dagegen zu rechnen?

Durch eine derartige Haltung macht nicht nur ThüringenForst deutlich, wie sie die Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit von Nutz-, Schutz- und Sozialfunktionen am öffentlichen Wald versteht. In derartigen Konfliktlagen, wie die um den Possen, wird so manches offen gelegt und damit für die Öffentlichkeit erkennbar. Das ist gut so.

Karl-Friedrich Weber

[ Kommentar zum Artikel „Die Axt im Urwald: Streit um die Stilllegung von Wäldern“, MDR  Thüringen, 18.04.2017. S. auch folgenden Post vom 11.04.2017 ]

http://www.mdr.de/thueringen/nord-thueringen/holzeinschlag-naturschutz-flaechen-thueringen-100.html

11. 04. 2017 :

Kommentar

Der Landesvorsitzende „des Landesverbandes Deutscher Forstleute“, Andreas Schiene, schrieb in einem Brief an die Ministerin: „Mit ihren Äußerungen haben Sie einen ganzen Berufszweig geschmäht und alle Beschäftigten der Thüringer Forstverwaltung vorsätzlich in Misskredit gebracht.“

Mieser geht es nicht, falls Vorsatz mitspielt, und dümmer auch nicht, falls der Überblick fehlt. Adreas Schiene ist möglicherweise nur ein subalterner Mitläufer. Wir wollen das nicht beurteilen.

Die Lobby jedoch dreht auf, verlogen und kaltschnäuzig. Sie scheint sich in Thüringen sicher zu fühlen.
Falls die seit Wochen ätzenden Angriffen ausgesetzte Umweltministerin richtig zitiert wurde, hat sie nicht von Förstern gesprochen, sondern von einer Kahlschlaglobby. Was hat der forstliche Berufstand, was der Förster damit zu tun, der im Revier seinen Dienst tut?

Da gibt es Schlimmeres. Der in einem politischen Diskurs benutzte Begriff ist nicht annähernd so zu gewichten, wie die ständige Rhetorik der „kalten Enteignung“ derer, die damit die Verfassung unseres Rechtsstaates diskreditieren und in Frage stellen.

Der forstliche Berufstand wird durch deren vermeintliche Wortführer in eine schmutzige Kampagne hineingezogen, den die Betriebsleitung einer Anstalt des Landes gegen die zielkonformen Absichten der Bundesrepublik Deutschland betreibt.

Auf diese beispiellose Amtspflichten verletzende Illoyalität haben wir bereits mehrfach hingewiesen.
Eine grüne Umweltministerin, die Ziele der schwarz-roten Koalition umsetzen will, wird von der CDU Thüringens nicht unterstützt, sondern bekämpft. Politik kann von bösartiger Unmoralität sein.

Dabei erfüllt Thüringen mit seiner Absicht, den Possen holznutzungsfrei zu stellen, gerade einmal ein 5%-, nicht etwa ein 10%-Ziel, wie das die Bundesregierung für den öffentlichen Wald fordert, um die internationalen Verpflichtungen Deutschlands zu erfüllen, und das von anderen Bundesländern bereits umgesetzt wird.

Nichts ist so absurd, als dass es nicht zur Stimmungsmache beitragen könnte. Ein verringerter Holzeinschlag, dessen wahre Gründe nicht genannt werden, wird als Drohkulisse aufgebaut: Bald wird der Normalbürger kein Schlafzimmer aus Holz kaufen können, weil die grünen Ideologen und andere dunkle Mächte, darunter auch forstliche Vaterlandsverräter, die Wälder zum „Stillstand“ bringen wollen.

Gegen die Destruktivität dieser Kampagne sollte der forstliche Berufstand aufstehen, zumal deren berufsständische Funktionäre versagen.

Jede Forstfrau und jeder Forstmann, die ihren Dienst am Wald leidenschaftlich in dienst-treuer Weise ausüben, sollten sagen: mit mir nicht.

Damit wäre der Reputation meines Berufsstandes, auf den ich stolz bin, gegenüber der Gesellschaft unseres Landes ein großer Dienst erwiesen.

Karl-Friedrich Weber

[ Kommentar zur Meldung „Förster fordern Rücktritt von Thüringens Umweltministerin“, MDR Thüringen 10.04.2017. Hintergrund ist die geplante Herausnahme aus der forstlichen Nutzung des Possen-Walds in Thüringen, wie im Koalitionsvertrag eindeutig beschlossen ]

http://www.mdr.de/thueringen/umweltministerium-siegesmund-foerster-baumkahlschlagslobby-100.html


18. 12. 2015 :

Die deutsche Forstlobby arbeitet weitgehend im Verborgenen und fällt daher nur hin und wieder durch ihre polemischen Pressemitteilungen ins Auge. Wer sich hinter den verschiedenen Akteuren verbirgt, wie die Zuordnung in internationale Netzwerke geschieht und wie zumindest partiell ahnungslose Fachminister von ihren eigenen Beamten hinter die bekannte Fichte geführt werden, ist von unterschätzter Bedeutung und wird von Waldwahrheit im Verlauf des kommenden Jahres offengelegt werden.

[= Karl-Friedrich Weber anlässlich des „Offenen Briefs“ der Umweltverbände an die  deutsche Forstlobby]

https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/offener-brief/


18. 12. 2015 :

Die gezielte Einflussnahme der Forstnutzerlobby auf Kommunalpolitiker der Kommunen war seit Monaten erkennbar … jede Kommune, die Waldeigentum hat und vor klammen Kassen steht, ist disponiert … zu jedem Wald gehört ein forstlicher Berater und die „beraten“ – von wenigen positiven Ausnahmen abgesehen – gut gesteuert mit einer nahezu einheitlichen Dialektik.

Das Ergebnis ist ein Horrorgemälde, das so zusammengefasst wird:

„In einer so dicht besiedelten Kulturlandschaft wie Deutschland schaffen Totalreservate gravierende Probleme, weil nach europäischen Standards in den Kernzonen der Tourismus, Forst-, Land-, Weidewirtschaft, Jagd und Brennholzsammeln generell verboten sind und permanente Infrastruktur wie Gebäude und Straßen entfernt werden müssen“, so der Vorsitzende des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“, Verbandsdirektor Winfried Manns (Mainz).

Wer da noch die Fäden spinnt, wird schnell erkennbar werden. Es wird Zeit, dass Roß und Reiter genannt werden.

Die Funktionäre des Deutschen Städte- und Gemeindebundes lassen sich einmal mehr vor den Karren gut organisierter und vernetzter Interessengruppen spannen und stellen sich damit gegen die große Mehrheit der Bürger ihrer Gemeinden, die in Umfragen immer wieder bestätigen, dass sie sich mehr holznutzungsfreie Waldanteile wünschen, ohne damit eine forstwirtschaftliche Nutzung insgesamt in Frage zu stellen. Sie sind reifer und differenzierter in ihrer Bewertung, als ihre vermeintlichen Interessenvertreter. Das ist ein Trauerspiel.

Karl-Friedrich Weber

[Dieser Kommentar gehört zur Pressemitteilung „Kommunalwald kontra Wildnis“ des Deutschen Städte- und Gemeindebunds vom 23.11.2015]

http://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Aktuelles/2015/PM%20Kommunalwald%20Kontra%20Wildnis/

Ein "Lotse" durch den Info-Dschungel zur Wald-Problematik in Deutschland