Negativ-Beispiele

25. 01. 2017 :

An einem Waldrand des Elms, nahe des idyllischen Ortes Eitzum im Landkreis Wolfenbüttel, hat eine Gruppe von jahrhunderte alten Buchen so manche stürmische Zeit überlebt. Monumentale Zeitzeugen vergangener bäuerlicher Waldwirtschaft, einzigartige Natur- und Kulturdenkmale.

Immer noch in lichtem Maiengrün und in der Farbenpracht des Herbstes waren sie jedesmal eine besondere Freude auch für mich als Forstmann. Wenn ich meine Kinder und Enkelkinder in Eitzum besuchte, versäumte ich selten, auch diese Bäume zu besuchen.

Und weil alles seine Zeit hat, zeigen Ast- oder Stamm-Abbrüche Endlichkeit, aber auch ökologische Reife an, und die Erfahrung, dass auch ein Baum-Rumpf frisches Grün austreiben und noch viele Jahre leben kann, bis er die nächste im zugedachte Aufgabe innerhalb der Waldgemeinschaft übernimmt. Stehendes Starkholz ist voller Leben – so ein Werbeslogan der Forstwirtschaft.

—    ( s. Fotos unten )

Vor dem Sturm in der Mitte des Januar kamen morgens noch in der Dunkelheit die Sägen. Drei der Methusalems liegen nun am Boden, der stärkste mit fortgeschrittener Weißfäule im Stamm, aber noch nicht wurfgefährdet, die beiden Nachbarn mit gesundem Rotkern.

Alle hatten Mulm- und Asthöhlen – auch Zwieselabbrüche, aber gesunde Kronen. Keiner war eine akute Gefahr. Wie löst man als Forstmann solche Fragen – den Spagat zwischen Erhalt und Gefahrenbeseitigung?

Auf der alten Klostertrift am Lutterspring in Königslutter stehen noch heute Baumveteranen ähnlicher Größe und Alters – mit einer hunderfach höheren Besucherfrequenz wie in Eitzum. Der zuständige Revierförster hat mich regelmäßig hinzugezogen. Wir haben ein Protokoll gefertigt, in dem tatsächliche und potenzielle Gefahren beschrieben waren und dann ein abgewogenes Urteil gefällt. In neun von zehn Fällen blieben die Bäume stehen, und sie stehen noch heute, zwanzig Jahre später, und erfreuen die Menschen.

Viele Möglichkeiten der Gefahrenvorbeugung gibt es, von der Veränderung der Wegeführung bis hin zu den bekannten Piktogrammen, die in Naturwäldern auf Bruchgefahren bei Sturmwetterlagen hinweisen. Man muss Bäume nicht gleich fällen, in diesem Fall schon gar nicht.

Dies hier ist eine Tragödie – die Zerstörung eines Denkmals. Sie macht nicht nur traurig, sondern lässt fragen, was in jemandem vorgeht, der solche Entscheidungen trifft. Bösartigkeit ist es sicher nicht, eher unzureichende fachliche Intelligenz oder einfach ein Mangel an Mitgefühl gegenüber Menschen, die sich über den Anblick alter Bäume freuen und gegenüber den Bäumen selbst.

Sollte hier immer noch im Spiel sein, was unserem Berufstand so oft im Wege steht, die Überzeugung, richtig zu handeln kraft einer Kompetenz und Unfehlbarkeit, der niemand das Wasser reichen kann? Das wäre relikthaft, wie die Reliktbäume selbst.

Fotos: Karl-Friedrich Weber

An und teilweise durch die alte Baumgruppe führt ein Waldweg, der durch Besucher gering frequentiert wird. Es gilt hier vollumfänglich der Haftungsausschluss durch waldtypische Gefahren, wie er vom Bundesgerichtshof letztinstanzlich bestätigt ist. In derartigen Situationen entspricht es der persönlichen Verantwortung, offensichtliche Gefahren, wie z.B. hängende Astabbrüche etc. zu beseitigen. Potenzielle und damit abstrakte Gefahren können auch von jedem gesunden Baum ausgehen. Sie lösen keinen Handlungsbedarf aus.

Waldeigentümer sind in der Regel versichert. Wo Haftungsausschluss besteht, nämlich im Falle waldtypischer Gefahren, ist das nicht relevant. Waldtypische Gefahren können z.B. sein Astabbrüche, Windwürfe, auch Baumwurzeln, die über Waldwege führen – nicht aber Situationen, die der Waldbesucher nicht vorhersehen kann: Tiefe Löcher in Wegen, morsche Brücken und Sicherungsgeländer, geworfene Bäume, die sich über Wegen in anderen Bäumen aufgehängt haben etc.

Eitzum-Buche gefällt 1

Eitzum-Buchen gefällt 2

Eitzum-Buchen gefällt 3

Eitzum-Buchen gefällt 4

Eitzum-Buchen stehend 1

Eitzum-Buchen stehend 2

Eitzum-Buchen stehend 3

Eitzum-Buchen stehend 4


16. 02. 2016 :

Schwarzspechtwald „Haustier-Abschiedswald Essehöfer Berg“ bei Wendhausen

Vor sieben Jahren –

das Forstamt Wolfenbüttel der Niedersächsischen Landesforsten beabsichtigte zur Erweiterung ihrer Geschäftsfelder und sicher auch als gute Tat gegenüber der Bevölkerung einen Tierfriedhof zu betreiben. Er wurde in der Forstabteilung 2017c bei Wendhausen zwischen Braunschweig und Wolfsburg angelegt – in der einzigen kleinen Buchenfläche dieses Forstortes. [„“]

Schwarzspechte haben hier im Laufe vieler Jahre die wohl größte Gilde in der weiteren Umgebung angelegt – etwa 30 Höhlen. Zahlreiche Untermieter profitieren davon, etwa zehn Hohltaubenpaare und verschiedene Fledermausarten, darunter Großer und Kleiner Abendsegler.

Die Naturschutzbehörde des Landkreises Helmstedt wies seinerzeit bereits auf diesen hohen Naturschutzwert hin, es gab eine kritische öffentliche Diskussion – Nabu und BUND protestierten gegen das Vorhaben in diesem zur Brutzeit hochsensibelen Forstort.

Das Forstamt begründete diesen gewählten Standort damit, dass er so gewählt worden sei, weil man dort keine Holznutzung betreiben werde. Über diese Logik musste nicht nachgedacht werden, denn der Friedhof wurde zwar gebaut, mit Informationstafeln, Zaun und Tor – aber nie eröffnet.

Fotos: Karl-Friedrich Weber Juni 2009 Hohltauben, Schwarzspecht, junge Schwarzspechte im Bereich der Höhlengilden Wendhausen

Februar 2016: Innerhalb der besagten Schwarzspechtgilde und des seinerzeit geplanten Tierfriedhofes in der Forstabteilung 2017c des Niedersächsischen Forstamtes Wolfenbüttel wurden alte Buchen, Eichen und Kiefern gefällt, inmitten der Höhlenkonzentrationen.
Pfleggründe scheiden aus, besondere Erntequalitäten des Holzes auch, ebenso eine unabweisbare Notwendigkeit der Verkehrssicherung.

Der zerstörte Zaun des Tierfriedhofes ist dabei kein ökologisches Problem – eher ein betriebswirtschaftliches …

Fotos: Karl-Friedrich Weber

Und dann das übliche in diesem Forstamt: stehendes Starktotholz und Höhlenbäume auf den gerückten Holzpoldern –

Wie war das mit der Langfristigen Ökologischen Waldentwicklung in Niedersachsen, dem LÖWE? Und der Zusicherung vor sieben Jahren, dass man in dieser Höhlengilde kein Holz einschlagen wolle?

Und was sagte Forstminister Meyer auf einer Pressefahrt im Juli letzten Jahres hierzu? „Wir sind schon sehr vorbildlich und wollen noch nachhaltiger werden.“ und „Die Zertifizierung des Landeswaldes nach FSC ist im Moment in Niedersachsen kein Thema, wir denken eher daran, das niedersächsische LÖWE-Programm weiterzuentwickeln. Und was schrieb er in ein Einladungsschreiben an die Naturschutzverbände, an dieser Weiterentwicklung mitzuwirken?

“ … damit auch das weiterentwickelt Programm von einer breiten Akzeptanz getragen wird und auch zukünftig bundesweit Maßstäbe setzt.“ so ist das nun einmal …

Da hätte ich einen sofort wirksamen Vorschlag an den Minister zu richten: Einfach einmal im Wege der Fach- und Dienstaufsicht durchzusetzen, dass seine Landesanstalt Forsten sich an das hält, was gesetzlich und in LÖWE bereits geregelt ist und endlich damit aufhört, heiße Spuren dieser Art durch die öffentlichen Landeswälder zu ziehen oder zu dulden und sie auch einmal zu sanktionieren.

Das wäre doch ein richtiger Fortschritt, besonders für alle Forstleute, die LÖWE als tägliche Dienstpflicht betrachten – zumindest so weit, wie es ihnen gestattet wird – und immer wieder bekunden, dass sie selbst darunter leiden, was in ihrem Namen geschehe.

Karl-Friedrich Weber

Fotos vom 16.02.2016

Spechtwald gefällte Buchen

Spechtwald gefällte Bäume am Boden

Spechtwald gefällte Eiche m Höhle

Spechtwald gefällte Eiche m Höhle - 2

Spechtwald gefällte Eichenstämme am Wegrand

Spechtwald gefällte Stämme m Höhle

Spechtwald Betrachtung gefällter Bäume

——

Spechtwald Abschiedswald Schild

Spechtwald kap Zaun + Baumstümpfe

Spechtwald kaputter Zaun

—— Der Wald wie er war und seine Schätze:

Spechtwald Spechtlöcher

Spechtwald Spechtlochbaum

Spechtwald Schwspechtlochbuche

Spechtwald Schwspechte am Boden

Spechtwald Lochbuchengruppe

Spechtwald Schwspecht an Buche

Spechtwald Hohltaube

 

Ein "Lotse" durch den Info-Dschungel zur Wald-Problematik in Deutschland